November 28, 2024

Impfpflicht – was wirklich dahintersteckt

Was kann man mit einer Impfpflicht erreichen? Diese Frage stellt sich mehr und mehr, nachdem sich die einrichtungsgebundene Impfpflicht als schwierig erweist und Omikron zu immer mehr Öffnungsschritten führt. Die Argumente gegen eine Impfpflicht sind vielfältig. Wer in einer maximal möglichen Impfquote die einzige Lösung sieht, wirft ein Killerargument ins Feld. Man scheint danach nur dann in der Lage zu sein, die drohende nächste Welle zu überstehen, wenn es nicht zu einer Überlastung des Gesundheitssystem kommt.

„Einmal vor die Welle kommen“, ist der viel zu hörende Wunsch der Experten. Das ist aber nur eine Talkshow-Phrase, denn vor der nächsten Welle war man schon zweimal, nämlich immer nach dem Sommer. Zweimal hat dieser „günstige“ Umstand weder an der Welle etwas geändert, noch an den untauglichen Maßnahmen. Die Viren-Wellen kommen und gehen, wie es für so ein Atemwegsvirus typisch ist.

Im Spätsommer 2021 wurden die Stimmen lauter, denen die Impfquote nicht hoch genug erschien. In der Zwischenzeit musste man allerdings auch feststellen, dass die zweifache Impfung nicht mehr den erhofften Schutz bietet. Die ersten Impfdurchbrüche wurden auch in Deutschland registriert, nachdem es eben solche Erfahrungen im Mai 2021 auch schon in Israel gab. Dort begann man mit den ersten Booster-Impfungen, wie eine dritte Spritze genannt wurde.

Bei nachlassender Schutzwirkung war das ohnehin schon fragwürdige Ziel der Herdenimmunität in weite Ferne gerückt. Eigentlich war es immer unmöglich, aber das erzählt man ja nicht, wenn man immer mehr Impfstoff an den Mann, die Frau und zur Not auch das Kind bringen will. Einziger  Ausweg war dann die Steigerung der Impfquote. Allerdings hat die Politik mitbekommen, dass die Zahl derer, die der Impfung skeptisch gegenüber stehen, gar nicht so klein ist.  Das RKI hat erste schüchterne Versuche unternommen, die Impfbereitschaft zu erfahren.  Bei einer Grundgesamtheit von nur 305 Befragten ist das Ergebnis allerdings wenig repräsentativ.

Quelle: RKI – COVIMO-Studie 8

Weil die Politik es genauer wissen wollte, wurde dann vom BMG das Forsa-Institut beauftragt, eine Umfrage diesbezüglich durchzuführen. Und siehe da, die Zahlen sahen schon ganz anders aus. 65 Prozent also knapp zwei Drittel der befragten gaben an, sich auf keinen Fall impfen zu lassen. 23 Prozent  der rund 3.000 Befragten tendierten zu „eher nein“. Lediglich 2 Prozent der Befragten wollten sich „auf jeden Fall“ impfen lassen. Die restlichen 10 Prozent zeigten sich unentschlossen oder hielten eine spätere Impfung „eher“ für möglich. (Quelle: RND)

Quelle: BMG, Forsa-Umfrage

Noch unwahrscheinlicher wird eine Effekt auf die Impfquote, wenn man die Zahlen zu Grunde legt, die vom ZDF publiziert wurden. Danach haben Forschende der Universität Erfurt ermittelt, dass 74 Prozent der Ungeimpften sich auf keinen Fall gegen Corona impfen lassen werden. Hauptgrund dafür ist, dass 56 Prozent angegeben haben, dass sie Angst vor den Folgen der Impfung haben.

Weil nur 37 Prozent sich nach den hier gemachten Erfahrungen künftig gar nicht mehr impfen lassen wollen, kann man im Umkehrschluss sagen, dass zumindest zwei Drittel der Ungeimpften keine prinzipiellen Impfverweigerer sind. (Quelle: ZDF)

Diese ablehnende Haltung ist keine Überraschung. Die Politik weiß schon länger um diese Umfragen. Solche Zahlen kennt man auch aus anderen Ländern. Fachleute aus den Bereichen Soziologie und Psychologie wissen zudem anzumerken, dass ein erhöhter Druck auf Ungeimpfte zu einer nur radikaleren Gegenreaktion führen würde. Wenn man Ungeimpfte kaum umstimmen kann, was für ein Potential hat dann überhaupt die Impffplicht?

Die Möglichkeiten einer Impfpflicht nüchtern betrachtet

An keiner Kurve der Neuinfektionen kann man bisher erkennen, an welcher Stelle Lockdown, Impfung oder Boosterung zu einer abrupten Veränderung des Verlaufs geführt hat. Wie wir inzwischen wissen, haben die Lockdowns die Sterberate nur um 0,2 Prozent gesenkt. Der Effekt der Impfung ist gar nicht zu messen, weil man im Einzelfall gar nicht sagen kann, ob erst die Impfung zu einem milden Verlauf der Erkrankung geführt hat, oder ob nicht vielleicht doch schon das natürliche Immunsystem ausgereicht hätte.

Aber nehmen wir einmal an, es stimmt, wie uns die Politik seit Beginn der Pandemie glaubhaft machen will, dass allein die Impfung die Lösung ist und wir ohne Impfschutz alle schwer erkranken, dann müssen wir aber durch eine generelle Impfpflicht auch eine erhebliche Steigerung der Impfquote erzielen. Das ist ja immer das Argument: Hätten wir eine Impfquote wie in Großbritannien oder Dänemark, wäre die Impfpflicht bei uns gar kein Thema. Dann rechnen wir das mal aus.

Zunächst überrascht, dass auf Übersichtsseiten zum Beispiel von der Berliner Morgenpost immer eine Impfquote genannt wird, die sich auf die Gesamtbevölkerung bezieht, obwohl gar nicht alle Menschen geimpft werden können. Schon mal sicher nicht  die knapp 4 Millionen Kleinkinder und Säuglinge unter 5 Jahren. Schon wenn man diese Zahl herausrechnet kommt man auf eine Quote von 78,8 Prozent, was um stattliche 3,7 Prozent höher liegt, als das, was das RKI normalerweise z.B. über das „Impfquotenmonitoring“ publiziert.

Zunächst einmal kann man darüber streiten, ob es überhaupt sinnvoll ist, eine Quote zu berechnen, die im Nenner die Gesamtbevölkerung hat, also Schwangere, Neugeborene und Kleinkinder mit einbezieht, die man nicht Impfen darf. Wenn es um die allgemeine Impfpflicht geht, wird diese schlimmstenfalls für alle Deutschen ab 18 Jahre gelten. Auch Kinder mit einzubeziehen, hat sich bisher noch kein Politiker getraut, wäre medizinisch auch nicht sinnvoll. Außerdem landen selbst erkrankte Kinder so gut wie nie im Krankenhaus, belasten somit auch das Gesundheitssystem nicht. Wenn man sich die Impfquote der Erwachsenen in Deutschland anschaut, kommt man auf eine Impfquote von 84,87 Prozent.  Das klingt schon besser. Diese Quote wird aber nirgendwo publiziert, weil eine hoher Wert die Impfbereitschaft der Ungeimpften nicht steigern würde.

Die sich daraus ergebende Impflücke von 15,13 Prozent spiegelt aber das Potential einer Impfpflicht nicht korrekt wieder. Hiervon abziehen muss man die Zahl der Personen, die man gar nicht Impfen darf. Dazu gehören Schwangere, spezielle Allergiker, Immungestörte, Menschen in einer Krebstherapie und noch einige mehr. Laut Karl Lauterbach in einer Bundespressekonferenz sind dies ca. 2 Millionen Menschen. Rechnet man diese Menschen den Geimpften dazu, steigert sich die Impfquote schon auf 87,76 Prozent.

Im Sommer 2021 mussten Lothar Wieler und auch Karl Lauterbach einräumen, dass von den Haus- und Betriebsärzten nicht alle Impfungen an das RKI gemeldet wurden. Man schätzt, dass es zwischen 3 und 5 Millionen Impfungen zusätzlich gegeben hat. Zum damaligen Zeitpunkt gab es noch keine Boosterimpfungen. Wenn man die Hälfte der nicht gemeldeten Impfungen als die Zahl der betroffenen Menschen annimmt, liegt man sicher dicht in der Wahrheit. Das sind dann aber schätzungsweise weitere 2 Millionen Menschen. Die aktuell schon erreichte Impfquote liegt damit schon bei 90,64 Prozent.

Jetzt kommen die Umfragen bei den Ungeimpften ins Spiel. Nach der COVIMO-Studie Nr. 8 des RKI aus dem Oktober 2021 wollten 35 Prozent der 305 Befragten sich ganz sicher nicht impfen lassen. Danach hätte man durch die Impfpflicht 4,2 Millionen Bürger an die Nadel gebracht. Realistischer ist da schon das Ergebnis der Forsa-Umfrage von 18. Oktober 2021, bei dem 65 Prozent ganz sicher und zusätzlich 23 Prozent eher nicht den Weg in ein Impfzentrum antreten würden. Wenn man mit den 65 Prozent rechnet, kommt man auf diese Weise nur noch auf maximal 2,27 Millionen Personen, die die Impfquote dann auf 93,9 Prozent steigern würden. Das ist gegenüber der Ausgangslage eine Steigerung der Impfquote um 3,28 Prozent.

Bezogen auf die Gesamtbevölkerung könnte man also durch eine Impfpflicht eine Steigerung von 75,1 auf 78,4 Prozent erreichen. Für eine Steigerung der Impfquote über alle Altersgruppen von gerade einmal 3,3 Prozent sollen alle Deutschen auf ihre Grundrechte verzichten und eine Impfung über sich ergehen lassen, die nicht vor einer Ansteckung schützt, nicht vor der Weitergabe des Virus schützt und die mit etwas Glück einen schweren Verlauf einer inzwischen harmloser gewordenen Erkrankung verspricht.

Das erscheint nicht wirklich verhältnismäßig zu sein. Eine Steigerung von 3,3 Prozent erscheint auch nicht genug, um danach davon ausgehen zu können, dass das Gesundheitssystem jetzt vor den Folgen der nächsten Welle geschützt ist. Wofür ist die Impfpflicht jetzt gut?

Der eine oder andere wundert sich vielleicht bereits. In dieser Betrachtung kommen Genesene nicht vor. Aber es gibt sie. Wenn viele von diesen darüber eine Bescheinigung erhalten haben, wird man die Zahlen ja sicher kennen. Eine Anfrage beim RKI erbrachte aber diese Antwort von Frau Glasmacher als der RKI-Pressestelle:

„Zur Zahl der Genesenen, für die die RKI-Vorgaben gelten, und zu Ihren weiteren Fragen hat das RKI keine Daten.“

Wenn man keine Zahlen hat, kann man sie nicht verwenden. Von den knapp 14 Millionen positiv getesteten Deutschen in den letzten zwei Jahren waren zum einen sehr viele ohne Symptome und damit ohne Erkrankung. Weiterhin gab es 2021 auch etliche Geimpfte, die sich infiziert haben. Allerdings wurde den Genesenen empfohlen, sich anschließend noch impfen zu lassen, um einen besseren Schutz zu erhalten. Wie viele das gemacht haben, weiß auch keiner. Ein paar Genesene ohne aktuelle Impfabsicht wird es trotzdem schon geben. Wir werden diese hier einfach als Puffer verwenden, für die oben ja auch eher geschätzten Werte.

Interessant ist, dass sich jetzt viele bewusst mit Omikron infizieren wollen, um dadurch für eine Durchseuchung der Bevölkerung zu sorgen. Die Impfquote wird so eine persönliche Strategie sicher nicht erhöhen.

Die Impfpflicht ist also viel Rauch um nichts. Eine Überbelastung des Gesundheitssystem wird dadurch jedenfalls nicht verhindert. Aber wer glaubt schon noch an so etwas, wo Omikron inzwischen weniger gefährlich als eine Grippe ist.

Die Impfpflicht der Geimpften

Um die Impfquote um 3,3 Prozent zu steigern, muss man keine Debatten im Bundestag führen, Gutachten erstellen lassen, Ethikkommissionen beraten lassen und einer ganzen Nation elementar wichtige Grundrechte entziehen. Auch bei zukünftigen Pandemien wird sich das Verhalten der Bürger und ihre Einstellung zu einer Impfung nicht wesentlich ändern. Das macht die Impfpflicht oberflächlich betrachtet zum Mysterium.

Als erfahrener Vertriebler weiß man aber, dass es einfacher und billiger ist, einen bestehenden Kunden bei der Stange zu halten, als einen neuen  Kunden zu gewinnen. Die inzwischen über viele Menschen hereingebrochenen drei Impfungen im guten Glauben entgegen genommen, haben Substanz gekostet. Das sind immerhin 46,9 Millionen Menschen. Von den darüber hinaus 16, 5 Millionen Doppeltgeimpften werden sicher einige jetzt auf den neuen angepassten Impfstoff warten. Allen gemein ist aber, dass jede weitere Spritze nur noch schwer zu vermitteln sein wird.

Zugangsbeschränkungen fallen jetzt schon überall auch für Ungeimpfte. Es fehlt damit der zusätzliche Anreiz für eine weitere Spritze. Und genau an dieser Stelle braucht es die Impfpflicht. Sie ist das beste Mittel, um 60 Millionen Menschen zu Abnehmern eines endlosen Impf-Abos zu machen. Für Karl Lauterbach verläuft die Pandemie ja idealerweise noch 10 Jahre (Quelle: FAZ). Das werden die Pharmaunternehmen gerne hören,  denn 60 oder sogar 120 Millionen Impfdosen sorgen für einen prächtigen Umsatz.

Update März 2022

Seit der Entstehung des Artikels wurde zwar nicht mehr ganz so eifrig, aber zumindest ein wenig weiter geimpft. Das verändert die Zahlen wie folgt. Es musste aber etwas jongliert werden, weil die beim Impfmonitoring des RKI genannten Prozentangaben je Altersklasse nicht mehr zu den genannten Impfungen bzw. Bevölkerungszahlen passten. Rechnen ist nicht die Stärke des RKI.

Wenn aber schon vor Einführung der Impfpflicht munter weiter gespritzt wird, senkt das natürlich den Effekt der Impfplicht. Die Impfpflicht steigert die Impfquote also nur noch um maximal 2,91 Prozent. Es wird daher immer fraglicher, ob es Sinn macht, für so einen kleinen Effekt das wichtige Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit auszusetzen.