November 30, 2024

Die neuen Nazi-Macher

Bürger aufklären und dadurch verhindern, dass rechtes Gedankengut um sich greift, ist wichtig. Jeder, der dabei hilft, nationalsozialistischen Stimmen einen Gegenpol zu liefern, ist willkommen. In einer Demokratie, die sich durch Meinungsfreiheit auszeichnet, kann man auch nicht mehr machen, als aufzuklären. In der Pandemie liegen die Nerven aller blank. Wer jetzt den richtigen Ton trifft, kann leichter neue Freunde gewinnen. Auf der anderen Seite, kann ein falsche Äußerung oder Position schnell das Gegenteil bewirken.

Auf der Facebookseite von „Laut gegen Nazis“ wird leider auch immer wieder ein Beitrag gepostet, der sich negativ mit den Corona-Spaziergängen beschäftigt. Dabei wird blind dem Narrativ gefolgt, dass dies Veranstaltungen mit vielen Rechtsradikalen sind. Das stimmt nur leider nicht. Bei den Spaziergängen, zumindest in den westlichen Bundesländern, findet man so gut wie gar keine Nazis. Bei den Nazi-Gegnern manifestiert sich aber die Meinung, dass solche „Spaziergänge“ verboten werden sollten. Das ist aber eine gefährliche Haltung.

Es gibt kein Gesetz, dass Spaziergänge, Versammlungen oder Demonstrationen verbietet. Die Demonstrationsfreiheit ist eines der höchsten Grundrechte. Nach unserem Grundgesetz sind alle Menschen gleich und die Gesetze gelten für alle gleichermaßen, unabhängig vom Glauben oder der politischen Einstellung. Es ist schon ein Treppenwitz der Geschichte, wenn auf einer Nazi-Gegner-Seite Menschen mit einer anderen Meinung diese Grundrechte entzogen werden sollen. Bisher hat unsere Demokratie anders Denkende ausgehalten. Wer damit ein Problem hat, ist zumindest kein guter Demokrat.

Noch einmal zu den Gesetzen: Versammlungen können per Gesetz nicht verboten werden. Eine unangemeldete Versammlung darf auch nicht aufgelöst werden. Es folgt nur eine Ordnungsstrafe für den Veranstalter, der das versäumt hat. Man billigt den Ländern aber zu, Verordnungen zu erlassen, falls durch eine Versammlung die öffentliche Sicherheit in Gefahr ist. Das kann man aber nicht bei Spaziergängen im Park oder in einer Fußgängerzone erkennen. Fußgängerzonen, in den bei den aktuelle Corona-Maßnahmen praktisch keine Menschen mehr herumlaufen. Trotzdem werden vier bis fünf Mannschaftswagen dorthin geschickt, um diese „Versammlungen“ von 30, 20 mitunter sogar nur 10 Spaziergänger zu zerschlagen. Das ist lächerlich und hat mit der Frage der öffentlichen Sicherheit nichts zu tun. Der Staat hat keine Angst vor Versammlungen. Dann müsste man jede Schlange vor einem Impf- oder Testzentrum auflösen. Die Politik weiß genau, dass die Teilnehmer der Spaziergänge zum großen Teil aus Ärzten, Therapeuten, Professoren aller Fachrichtungen, Anwälte, Studenten und vor allem jungen Eltern bestehen, die sich um ihre Kinder sorgen. Unsere Regierenden möchten nicht, dass sich mehr kritische Menschen austauschen und durch ihre Präsenz sich mehr Menschen dieser Kritik anschließen.

Wir entfernen uns gerade immer weiter weg von dem Rechtsstaat, den die Väter unseres Grundgesetzes schaffen wollten. Statt sich an einigen wenigen verwirrten Neonazis abzuarbeiten, sollte man auch auf der Seite „Laut gegen Nazis“ für den Erhalt unserer Grundrechte einstehen. Denn aktuell kann man den Rechtsaußen im politischen Spektrum keinen größeren Gefallen tun, als Grundrechte weiter zu beschneiden – und das am Besten auch nur für eine Minderheit, nämlich die der Ungeimpften. Das ist Wasser auf die Mühlen rechter Hetzer. Mit der einseitigen und zu 99 Prozent unberechtigten Hetze gegen Spaziergänger erweist man dem wichtigen Kampf gegen Rechts einen Bärendienst.