November 30, 2024

Söder’s TV-Reichspropaganda

Ein öffentlich-rechtlicher Sender hat einen Bildungs- und Informationsauftrag und wird daher durch eine Zwangsgebühr finanziert. Durch die direkte Finanzierung durch den Bürger sollte auch sicher gestellt sein, dass stets kritisch berichtet wird, wenn es um Politik und staatliche Einrichtungen geht. Niemand sollte verschont, in der Sache immer neutral und objektiv berichtet werden.

Es geht aber auch anders, wie man im Freistaat Bayern jetzt beweist. Das Politmagazin Report hat nämlich auch einen bayrischen Ableger, der sich „Report München“ schimpft. Am 09. November 2021 war man wieder dran. Der schöne zunächst unverdächtige Titel lautete: „Unvorbereitet in die vierte Welle: Fehler und die Folgen der deutschen Corona-Politik.

Teil des Berichts war die Intensivstation des Klinikum Nürnberg und das Treiben des Oberarztes Dr. Arnim Geise. Man verfolgt ein Videogespräch des Arztes mit einer Pflegekraft in voller „Astronautenmontur“ auf der Isolierstation.

Es wird eine Herz-Lungen-Maschine gezeigt, mit dem Kommentar, dass diese vor Corona meist ungenutzt herumstanden. Der Frust der Belegschaft liegt in erster Linie daran, dass die meisten Patienten auf der Intensivstation dort nicht gelegen hätten, wenn sie geimpft gewesen wären. Propaganda-TV vom Allerfeinsten. Wo war noch gleich die Klinik? Nürnberg. Woher kam noch mal der Söder? Auch Nürnberg. Als würde es in München keine Kliniken gäben. Aber benötigt schon spezielle Seilschaften, um eine solche Aufführung und eine derart kriminelle Verdrehung der Fakten aufnehmen zu können. Folgendes Chart wurde zur Untermauerung der These gezeigt:

Quelle: Report München vom 09.11.2021

Um die aktuelle Situation auf deutschen Intensivstationen darzustellen, ist es nicht hilfreich, wenn man ein Chart zusammenbastelt, das von der zweiten Welle bis heute praktisch das gesamte Jahr erfasst. Also auch Erkrankte und Todesfälle aufgrund der Alpha-Variante des Corona-Virus, die es heute gar nicht mehr gibt. Dann sollte man nicht die Teilgruppe der 18- bis 59-jährigen heraussuchen. Die machen nur einen geringen Anteil an den Intensivpatienten und den Todesopfern aus. Wahrscheinlich hat diese Altersgruppe aber einen günstig hohen Anteil an den Erkrankten ohne Impfung. Das wiederum könnte daran liegen, dass die Impf-Priorisierung in den ersten Wochen es diesen Menschen gar nicht ermöglichte sich impfen zu lassen.

Hier wurde aber nicht nur bei Untersuchungsgruppe und Zeitraum getrickst. Die Zahlen müssen auch bezweifelt werden oder sind für die aktuelle Debatte völlig wertlos. Zunächst weiß das RKI nur von 81 Prozent der Intensivpatienten den Impfstatus. Da wird es schwierig, irgendeinen Anteil mit 88 Prozent oder mehr zu beziffern.

Für die Delta-Variante weiß man inzwischen, dass der Wirkungsgrad der Impfung bei nur 60 Prozent liegt. 4 von 10 Geimpfte sind daher ungeschützt. Da ist schon nicht sehr plausibel, dass 97 Prozent der Patienten auf der Intensivstation ungeimpft waren. Weil der Schutz vor Erkrankung gerade bei älteren Menschen erheblich abnimmt, weshalb inzwischen ganz Israel eine Booster-Impfung bekommen hat, liegt aktuell der Anteil der Geimpften in den Krankenhäusern bei wenigstens 45 Prozent.

Quelle: Monitor vom 18.11.2021

Zurück zum Bericht von Report München. Nachdem man die fehlende Impfung als Grund für alle Intensivfälle genannt hat, ging es weiter mit einem Todeskandidaten: „Der 60-jährige Patient ist einer der älteren Patienten auf der Intensivstation“, erfährt man. Das nächste Märchen von den immer jünger werdenden COVID-19-Patienten wird aufgetischt. Fakt ist aber, dass 64,5 Prozent der ITS-Patienten über 60 sind.

Deutlicher wird die Bedeutung des Alters, wenn man sich Kurven der Todesfälle anschaut. Bei Menschen, die unter 60 sind, gibt es deutlich weniger Todesfälle.

Was ist das für ein Bericht? Zuerst wird eine gefälschte Grafik mit dem angeblich hohen Anteil an Ungeimpften auf Intensivstationen gezeigt. Wenn es dann aber um die Darstellung eines tragischen Falles geht, greift man auf einen älteren Patienten zurück. Aber es wird noch besser, denn erfährt etwas über die Lebenserwartung in Abhängigkeit vom Alter, was nicht zuletzt auch damit zusammenhängt, wie in dieser Klinik unter Oberarzt Geise mit Patienten umgegangen wird. Zumindest drängt sich der Verdacht auf, denn er sagt über den 60-jährigen Patienten:

„Das ist dann auch schon die Altersgrenzen, wo wir uns dann überhaupt noch überlegen, ob wir das mit der Herz-Lungen-Maschine noch machen. Weil wir sehen, dass ab 60 die Prognose, die Chance das ganze überhaupt zu überleben ganz massiv sinkt.“

Das werden etliche Intensivkliniken in ganz Deutschland mit Sicherheit anders sehen. Für den neutralen Beobachter drängt sich hier die Frage auf, warum sich ein renommiertes TV-Magazin eines öffentlich-rechtlichen Senders vor den Karren eines mit seiner Politik und den Spielchen restlos gescheiterten Ministerpräsidenten spannen lässt. Denn wenn eine solche Fehldarstellung und Propaganda jemanden nützt, dann dem Söder. Entgegen der durch den Titel aufgebauten Erwartungshaltung, wird die Politik in keiner Weise kritisiert. Dabei gebe es insbesondere in Bayern mit seinen völlig aus dem Ruder gelaufenen Infektionshochburgen genug zu kritisieren.

Das Schlusswort hat in dem Bericht der sympathische Oberarzt Geise: Wir kommen dann auch immer wieder in die Situation, wo ich einen jungen onkologischen Patienten hab, der ein Intensivbett braucht, und einen Impfverweigerer, von dem ich vielleicht sogar noch weiß, dass er Corona leugnet oder irgendwie anders querdenkend drauf ist und ich hab nur ein Bett, dann kommt man einfach in Gewissenskonflikte.“ Schön, dass der Zuschauer nach diesem Beitrag eine klare Vorstellung davon hat, wie man sich an dieser Klinik entscheiden wird.

Die Triage ist ein Verfahren, dass weltweit täglich Anwendung findet. Dafür gibt es auch unterschiedliche Modelle. Alle Modelle versuchen gleichermaßen dem Hippokratischen Eid und den einzelnen Patienten gerecht zu werden. Rasse, religiöse und politische Einstellung spielen dabei keine Rolle.  Spannend wäre jetzt nur noch zu erfahren, woran der Arzt bei einem Patienten, der wie im Beitrag im künstlichen Koma liegt, erkennt, dass dieser ein Querdenker ist.