November 30, 2024

Ein einfaches Weltbild ist unbezahlbar

… trotzdem leisten es sich immer mehr Menschen. Nicht nur Stammtische, Bridge-Runden und Debattierclubs für Heranwachsende, auch in anderen Bereichen, dominiert ein einfaches Weltbild das Tagesgeschäft. Das kann für unsere Gesellschaft und unseren Zusammenhalt gefährlich werden, denn wenn Medien und Politiker auch nicht mehr differenzieren, sondern auf dem viel zitierten Stammtisch-Niveau debattieren, liefert das unter Umständen genau jenen Gruppen eine Art Rückenwind, die schon länger die Absicht haben, die bestehende Ordnung und unsere Gesellschaft tiefgreifend zu verändern.

Die zuletzt erlebten Schreckensmeldungen mit Toten und Verletzten lassen sich wie folgt klassifizieren:

  • Wenn ein deutscher Täter Menschen mit Migrationshintergrund verletzt oder tötet, ist das ein rassistischer Akt.
  • Wenn ein Mensch mit Migrationshintergrund Menschen verletzt oder tötet, ist das ein Terroranschlag.
  • Wenn ein Deutscher andere Deutsche mit seinem Auto beim Rosenmontagszug über den Haufen fährt, ist das nichts, also maximal ein Unglücksfall.

Ein Rassist ist doch aber jemand, der Menschen aufgrund ihrer Hautfarbe oder Herkunft ausgrenzt oder zumindest anders behandelt. Was sind Medien und Politiker, die tragische Ereignisse allein aufgrund der Herkunft des Täters klassifizieren?

Dieses sehr einfache Weltbild und eine dem Standrecht ähnelnde schnelle Aburteilung von Gewalttaten vergiftet das Klima in unserer Gesellschaft. Es wäre besser, wenn man Menschen Raum zum Diskutieren und Nachvollziehen von Taten bietet, anstatt vorschnelle Urteile zu fällen und die Welt in wenige Schubladen aufzuteilen.

Wenn Menschen mit Migrationshintergrund in unserer Gesellschaft leben, dann sollten sie auch wie alle anderen Menschen in unserer Gesellschaft behandelt werden. Ein Amoklauf eines verwirrten Geistes ist dann auch nur ein solcher und ist eben kein rassistischer Anschlag. Das Erschießen mehrerer Menschen in einem Tötungsrausch, bei dem ein in Deutschland geborener Attentäter mit Migrationshintergrund Menschen tötet, ist dann auch nur ein Amoklauf und kein islamistischer Terroranschlag.

Wenn ein Mensch einen anderen Menschen bewusst tötet, ist das Mord und nichts anderes. Terror ist etwas, was sich im Bewusstsein eines Menschen abspielt.

Ein Mord ist schlimm genug, aber mehr muss man daraus nicht machen. Jede Spekulation, jede Interpretation in die eine oder andere Richtung, lässt auf der anderen Seite – der Täterseite – Menschen isoliert zurück. Statt einer eng beieinander stehenden Bevölkerung spalten wir Gruppen ab, wenn wir anfangen, nach Motiven zu suchen und dadurch dasselbe Ergebnis, nämlich den Tod eines Menschen, unterschiedlich bewerten. Am schlimmsten für die Hinterbliebenen ist dann, wenn für den einen Todesfall Medien und Politiker zu einer riesigen im TV übertragenen Trauerfeier kommen und im anderen Fall bestenfalls die Lokalpresse einen Zweizeiler abdruckt. Da fragen sich dann Deutsche, warum bei dem Tod einiger weniger „Ausländer“ so viel Aufhebens gemacht wird und beim nicht weniger tragischem Tod seiner Verwandten kommt keiner.

Wir müssen aufhören, aus allem, was irgendwo mit Menschen ausländischer Herkunft zu tun hat, große Medienereignisse zu machen. Genau das ist nämlich die Energiespritze, die radikale Gruppierungen benötigen, um erfolgreich weiter zu machen.

Terror braucht Aufmerksamkeit, das ist sogar der einzige Antrieb für solche Taten. Wenn also solche gezielten Tötungen zu einem Akt des Terrors werden, liegt das an der entsprechenden Berichterstattung. Den Medien war es bisher immer egal, wie Aufmerksamkeit, wie Auflage und Einschaltquote generiert wurde. Das Treiben der letzten Jahre zeigt aber inzwischen Wirkung in der Bevölkerung. Menschen werden verängstigt oder mobilisiert. Beides ist nicht gut und führt weg von dem, was eine starke Gesellschaft und eine starke Demokratie auszeichnet: Besonnenheit.

An die Medien muss dringend appelliert werden, ihre reißerische Art der Berichterstattung in vielen Fällen aufzugeben – zumindest wenn unsere Gesellschaft dadurch Schaden nehmen könnte.