Wer sich in Corona-Zeiten selbst zum Investigativ-Autor hochpimpt, sollte auch etwas Substanz mitbringen. Journalistisches Grundwissen über seriöse Recherchearbeit wäre ein guter Anfang. Wem die Verbreitung seriöser Fakten und die realitätsnahe Darstellung von Sachverhalten am Zopf vorbei geht, muss sich allerdings nicht wundern, wenn ein solches Treiben nicht unentdeckt bleibt.
Für das eigene Geschäftsmodell ist das natürlich schädlich. Und das sieht so aus: Man setzt sich vor eine Holztapete im Keller und behauptet, man habe den entscheidenden Beweis gefunden, dass der Klabauterbach gar nicht so toll ist und dass die Corona-Wellen alle künstlich sind und mit der Realität nichts zu tun haben. Damit trifft man bestimmt den Nerv der Zeit.
In guter alter Querdenker-Manier wird dann diese gemein-unnützige Tat als besonders aufwendig dargestellt, und man benötigt dringend die Spende von Gleichgespinnerten, damit er in dieser Weise weitermachen kann. Und weil der liebe Martin ein total hipper Typ ist, hat er auch gleich die Möglichkeit eingeräumt, ihn in Bitcions zu bezahlen.
Natürlich sind alle seine Videos zusätzlich mit Werbung voll gestopft. Offenbar aus gutem Grund. Denn wie man in einem seiner Videos erfährt, war der böse Martin auch schon einmal vor Gericht, weil er gegen die Einhaltung der Ausgangssperre verstoßen hat. Seine Festnahme und das Wortgefecht mit den Polizisten hat er gefilmt. Neben den Beleidigungen des bayrischen Ministerpräsidenten und das Schimpfen auf das „Müllgesetz“ beruft er sich auf die Unschuldsvermutung als Argument für seine Auskunftsverweigerung. Ein gern gemachter Fehler, denn die gilt erst später in der Gerichtsverhandlung, aber nicht bereits bei den polizeilichen Maßnahmen. Durch die Unschuldsvermutung werden Maßnahmen der Strafverfolgung auf Grund eines bestimmten Verdachts nicht ausgeschlossen. So ist insbesondere die vorläufige Festnahme und die Untersuchungshaft aufgrund dringenden Tatverdachts auch ohne den endgültigen Beweis der Schuld des Beschuldigten möglich. (Quelle: Wikipedia)
Interessant zu diesem Gerichtsverfahren sind diese Artikel:
Trotz eines zweiten Anwalts, der unterstützend in die Verhandlung mitgenommen wurde, kam es zu einer Verurteilung. Verdonnert wurde der Querdenker zu 75 Tagessätzen von € 45,00. Das muss man erklären. Das deutsche Strafrecht sieht 5 bis 360 Tagessätze als Strafe vor (Strafgesetzbuch (StGB) § 40). Die Höhe eines Tagessatzes bestimmt das Gericht unter Berücksichtigung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Täters. Dabei geht man in der Regel von dem Nettoeinkommen aus, das der Täter durchschnittlich an einem Tag hat oder haben könnte. Die verhängten € 45,00 sprechen für ein Nettoeinkommen, dass im Bereich des Mindestlohns liegt. Das in jedem Video eingeblendete Bankkonto muss demnach ziemlich leer sein.
Die Verhandlung war übrigens ein echtes Highlight im sonst so beschaulichen Beilngries. Das Gericht wurde anlässlich dieser Verhandlung polizeilich besonders gut abgesichert. Grund war die Zugehörigkeit des Angeklagten zur Gruppe der „Weißhemden“. Die laufen regelmäßig lautstark durch die Straßen der Stadt in Oberbayern. Nur selten zur Freude der Anwohner. (Quelle: Donaukurier)
Den Tipp hat man sicher schon öfter bekommen: Querdenker muss man nicht finanziell unterstützen. Vor allem nicht, wenn diese mit Kritik ganz schlecht umgehen können. Beim aktuellen Video bezüglich der Infektionszahlen im Verlauf der Corona-Pandemie, erklärt der investigative Martin Gerloff, dass die Wellen durch die Einführung von zunächst Schnelltest und danach auf die Selbsttests zurück zu führen sind. Das ist ein wenig kurz gedacht und hätte auch eine völlig falsche Botschaft zur Folge. Die Schnelltests sind ein Spiegelbild der tatsächlichen Ansteckungsgefahr. Wenn ohne erkennbare medizinische Gründe, wie zum Beispiel Krankheitssymptome, jedermann an allen möglichen Orten getestet wird, zeigt der Anteil der positiven Tests in etwa das Ansteckungsrisiko an.
Man bekommt leider nicht alle Zahlen, weil ja auch niemand möchte, dass dieses niedrige Ansteckungsrisiko publik wird. Man kann aber sehr gut hochrechnen, wenn man sich mit statistischen Berechnungen auskennt. Heraus kommt dann, dass das Risiko, sich mit Corona zu infizieren, im Schnitt bei nur 0,15 Prozent liegt. Das sind dann ca. 4.800 Fälle pro Woche. Die Schnelltests haben also nur wenig Auswirkungen auf die Inzidenzkurven. Aber genau das hat der investigative Martin in seinem Video behauptet.
Grundsätzlich ist es ja zu begrüßen, wenn kritisch auf die öffentliche Berichterstattung eingegangen wird. Insbesondere die per PCR-Test ermittelte 7-Tage-Inzidenz ist ein ständiges Mittel der Manipulation. Allerdings sollte man keine Sachverhalte konstruieren, wo es sie nicht gibt. Darauf wurde er in einem Kommentar bei YouTube hingewiesen.
Hier der komplette Wortlaut des Kommentars:
So böse war der Kommentar gar nicht. Vor allem wären die geschilderten Sachverhalte für die Zuschauer seines Videos sicher interessant. Aber wenn es einem selbstverliebten Menschen gar nicht um die Sache, sondern mehr um Spendengelder geht, dann ist ein Kommentar, der entscheidende Inhalte des Videos in Frage stellt, natürlich tödlich. Die Folge: der unliebsame Kommentar wurde gelöscht. Das nennt man Zensur. Das verstößt gegen alle Gepflogenheiten des Journalismus. Wer Inhalte verbreitet, muss damit leben, dass die nicht jedem Gefallen. Wer aber dabei erwischt wird, dass er Unfug verbreitet, weil er durch eine Überbewertung der Schnelltests das Virus gefährlicher macht, als es ist, obwohl er das genaue Gegenteil behaupten wollte, sollte sich entschuldigen oder noch besser, das gesamte Video löschen.
Nur die Kritik zu löschen ist hochgradig peinlich. Aber so sind sie halt, die Querdenker. Wie quer der Martin ist, war dem Video zunächst nicht zu entnehmen. Aber ein wenig Recherchearbeit bringt dann immer schnell Klarheit. Das ist immer eine gute Idee, wenn man investigativ sein will.