Der arme kleine David Alaba zeigt sich jüngst überrascht, dass der FC Bayern den Gehaltspoker nicht bis zum Erbrechen fortsetzen wolle. Alaba erfuhr es aus den Medien, und auch da setzt der FC Bayern ein richtiges Zeichen. Irgendwann ist man auch als verdienter (in Bezug auf Leistung) Spieler an einem Punkt angekommen, an dem man als Verhandlungspartner nicht mehr ernst genommen wird.
Worum es geht: Der Vertrag mit dem österreichischen Nationalspieler endet im nächsten Sommer. Ohne Vertragsverlängerung kann der Abwehrspieler den Verein ablösefrei verlassen. In seinem Fall kann man von einem Marktwert von 50 bis 60 Mio. Euro ausgehen. Der Poker um die Vertragsverlängerung bedeutet daher, dass der Spieler und sein Berater von diesem Kuchen ein Stück abhaben wollen.
Unklar ist dabei, wie groß der Anteil des Beraters an diesen ausufernden Forderungen ist. Während es für größtenteils geistig minderbemittelte Kicker ein Akt der Unmöglichkeit ist, Verträge auszuhandeln, drängen immer mehr Berater ins Feld. Nicht jeder kommt vom Fach, und so tummeln sich auch ehemalige Avon-Berater in einem Business, bei dem Millionenbeträge als Ablösezahlungen, Gehälter oder auch nur als „Handgeld“ über den Tisch wandern. Für jeden Verein ein Segen ist es, wenn der Vater des Spielers diese Rolle übernimmt. Schmierige Zocker, die sich vorher in dunklen Gassen herumgetrieben habe, machen es den Vereinen nicht gerade leicht.
Aber sind die enormen Forderungen von Alaba gerechtfertigt? Durch das Trainieren mit einer Mannschaft wie den FC Bayern ist er sicher nicht schlechter geworden. Wäre er stattdessen damals zum 1. FC Saarbrücken gewechselt, wäre die Ablösesumme heute weitaus geringer. Natürlich kann man in der Chefetage des deutschen Branchenprimus rechnen. Gewisse Zugeständnisse sind daher betriebswirtschaftlich vertretbar. Man muss aber dabei auch immer das Gehaltsgefüge im Auge behalten. Wie wertvoll ist ein Spieler tatsächlich und im Verhältnis zu den Kollegen. Wenn 11 Mio. Euro plus Sonderzuschläge von noch einmal bis zu 6 Mio. Euro nicht genug sind, kommt man auch als neutraler Beobachter ins Grübeln.
Klar, ein Messi oder Ronaldo verdient über 30 Mio. Euro, die schießen aber auch mehr Tore. Den Nachweis, ein Spiel allein entschieden zu haben, kann ein Abwehrstratege kaum bringen. Außerdem darf man nicht vergessen, dass Alaba als Außenverteidiger weit weniger geglänzt hat. Erst als er aus der Verletzungsnot heraus in die Innenverteidigung wechselte, stieg sein Wert.
Neben den Mannschaftskollegen sollte man als Verein aber auch die eigene Fans im Auge behalten. Auch denen müssen die zum Teil unsinnig hohen Gehälter plausibel gemacht werden. Dass selbst ein Spieler, der nur in der zweiten Mannschaft auf Einsatzzeiten kommt, bereits einen siebenstelligen Betrag einstricht, geht dabei gerne unter. Wenn ein Abwehrspieler aber im Monat eine Million verdienen möchte, könnte auch beim eingefleischtesten Fan das Weltgefüge durcheinander geraten. Denn unter den Fans sind nicht wenige, die sich ihre Dauerkarte dadurch ermöglichen, dass sie ihren Jahresurlaub statt in Spanien eher im Hunsrück verbringen.
Etwas mehr Bodenhaftung würde vielen Fußballern gut tun. 70 Prozent der Erstliga-Kicker dürften Einkommensmillionäre sein. Dass ein Gehaltsverzicht in Pandemie-Zeiten für viele kein Thema war, ist erschreckend genug. Während viele Fans in Kurzarbeit sind und um ihren Job zittern, können Profi-Kicker mit einem gesteigerten Gefühl der Sicherheit ihrem Beruf nachgehen. Weit mehr als ein Privileg. In diesen Zeiten als fette Gans den Hals dann immer noch nicht voll zu kriegen, ist eine ganz besondere Form das Outings. Die Vereine sollten am Wert des Spielers schrauben, und ihn künftig vom Spiel- und Trainingsbetrieb ausschließen. Jeder Spieler ist ersetzbar, was längere Verletzungen immer wieder zeigen. Die Glaubwürdigkeit des Sports kann man aber nur einmal verlieren.