November 30, 2024

Inzidenzwert-Zaubereien

Die 7-Tage-Inzidenz ist seit wenigstens 20 Monaten unser alle Begleiter. Ob Morgenmagazin oder Nachrichten-Sendung, täglich werden wir im TV auf diesen Wert eingeschworen. Die Politik hat für diese 7-Tage-Inzidenz  sogar Grenzwerte festgelegt, wenn auch nur völlig willkürliche ohne Rücksprache mit irgendwelchen Fachleuten. Ab einer Inzidenz von 35 und 50 gelten bestimmte verschärfte Corona-Maßnahmen, bei 167 wird es noch schlimmer.

Nun haben Wissenschaftler schon im Sommer darauf aufmerksam gemacht, dass die Inzidenzen zum Herbst wieder steigen werden. Weil dann Reise- und Schulrückkehrer getestet werden, ist sogar mit erheblich höheren Zahlen zu rechen, als die, an die wir uns schon gewöhnt haben. Es wurde daher vorgeschlagen, künftig Maßnahmen an der Hospitalisierungsrate zu koppeln, denn das Hauptaugenmerk aller Bemühungen liegt ja eigentlich darauf, es zu keinerlei Überlastungen auf deutschen Intensivstationen komme zu lassen. Die Inzidenz zeigt die Entwicklung der Neuinfektionen. Weil nun auch sehr viele jüngere ins Geschehen eingreifen, diese aber weitaus seltener erkranken und sehr wenig mit dem Geschehen auf Intensivstationen zutun haben, wäre ein weiterer Fokus auf die 7-Tage-Inzidenz nicht sinnvoll.

7-Tage-Inzidenz – ein Instrument der Manipulation

Die Politik und in deren Schlepptau die Medien nutzen die Zahl der Neuinfektionen aber weiterhin, um Panik zu entwickeln, Angst und Schrecken zu verbreiten. Die Hospitalisierungsrate, also die von der Wissenschaft favorisierte Messgröße wird kaum genannt. Stattdessen wird jetzt sogar das Rad der 7-Tage-Inzidenz neu erfunden, indem man eine Inzidenz für Geimpfte und eine Inzidenz für Ungeimpfte nennt. Das ist noch sinnloser um die Wirklichkeit darzustellen als alles andere davor. Denn eine Schwachstelle hat die Nennung der 7-Tage-Inzidenz von Anfang an: Sie wird nicht ins Verhältnis zur Anzahl der Tests gesetzt. Wer viel testet, wird auch viele positive Tests erhalten. Wer wenig testet, kann die Zahl der Neuinfektionen nach unten drücken, ganz nach Bedarf. Aber es gibt noch andere Faktoren, mit deren Hilfe man den Wert der 7-Tage-Inzidenz manipulieren kann. Das Alter der Getesteten spielt dabei ebenso eine Rolle, wie deren Bildungsstand, Beruf, Arbeitsplatz und Wohnort. Test in eng nebeneinander gebauten Wohnsilos, deren Einwohner einen geringen Bildungsstand haben und bei vielen ein Migrationshintergrund zu registrieren ist,  werden eine höhere Positiv-Quote erzeugen, als Test in einer ländlichen Gegend mit überwiegend älteren, weniger mobilen Menschen. Es gibt mittlerweile genug Untersuchungen, die das belegen.

Trotz dieser vielen Einflussfaktoren wurde an der Qualität der Bestimmung der 7-Tage-Inzidenz auch in 20 Monaten nichts geändert. Es bleibt ein willkommenes Willkür-Instrument. Mann kann aber die Wirkung und damit den Manipulationseffekt noch steigern, indem man Inzidenzen für bestimmte Gruppen nennt. Aktuell natürlich die Inzidenz von Geimpften im Vergleich zur Inzidenz der Ungeimpften. Man will ja noch mehr Menschen in die Impfung treiben. Ein einmal zu erreichendes Impfziel wird auch gerne im Zeitablauf nach oben geschraubt. Wenn es um den Verkauf von Impfungen geht können die Pharmabranche und deren Vertriebsmitarbeiter nie ein Ende finden.

Der Schuss mit den Teil-Inzidenzen kann aber auch nach hinten los gehen. Wir rechnen das jetzt einmal.

Unplausible Daten aus Hamburg

Vom Hamburg Journal wurde verbreitet, dass die Inzidenz der Geimpften in Hamburg bei 22,0 liegt, wohingegen der Wert bei den Ungeimpften stattliche 605,2 beträgt.

Hier die Meldung dazu:

Geliefert wurden die zugrundeliegenden Daten von der Sozialbehörde in Hamburg. Um diese Daten zu verifizieren und mit anderen Daten in einen Kontext zu setzen, wurde weitere Daten erhoben, die vom RKI bzw. dem DIVI Intensivregister stammen. Eigentlich als Quelle das Maß der Dinge. Nach neuesten Informationen geht man im Hamburger Rathaus gegenwärtig von 1,9 Millionen Einwohnern aus. Die Impfquote beträgt in Hamburg 73,1 Prozent (Quelle ndr.de). Unter hamburg.de werden verschieden Corona-Zahlen aufgeführt. Zum Beispiel diese Zahlen der täglichen Neuinfektionen:

In der Wochen vom 14. bis 20. November wurden zusammen 3.781 Neuinfektionen in Hamburg registriert. Bei 1.904.444 Einwohnern ergibt sich daraus eine 7-Tage-Inzidenz von 198,5. Der letzte offiziell  vom RKI übermittelte Wert lag bei 204,7. Grund genug einmal die letzten Tage genauer unter die Lupe zu nehmen. Tatsächlich stimmen die vom RKI genannten Werte für die 7-Tage-Inzidenz nie mit dem überein, was die Hamburger Sozialbehörde ermittelt hat. Das kann erhebliche Auswirkungen haben. Wenn man als Basis für die Berechnung nur Menschen ab dem 15. Lebensjahr nimmt, sind dies 1,632 Millionen Menschen. Bezogen auf diese kleinere Grundgesamtheit wäre die 7-Tage-Inzidenz schon deutlich höher, nämlich am 19.11.2021 bei einem Wert von 221,1. Für diesen Tag meldet die Sozialbehörde Hamburg einen Wert von 189,5, während das RKI 184,1 nennt. Woher also diese unterschiedlichen Zahlen stammen, ist schwer zu sagen.  Es liegt aber nicht an der Grundgesamtheit, denn das RKI zeigt mal höhere und mal niedrigere Werte.

Zur weiteren Betrachtung und Einschätzung der Inzidenzzahlen sollte man einen Blick auf die positiven Corona-Fälle für die einzelnen Altersgruppen werfen. Auch diese Informationen erhält man über hamburg.de.

Weil es einen signifikanten Unterschied ausmacht ob man über oder unter 59 Jahre alt ist, gibt es viele Auswertungen, die genau hier eine Einteilung in zwei Gruppen vornehmen. In Hamburg waren über 84 Prozent der positiv getesteten Bürger unter 60 Jahre alt. 15,79 Prozent waren älter.
Das Infektionsgeschehen wird in Hamburg vor allem durch Schüler geprägt.

Neben den unterschiedlichen Inzidenzwerten stimmt auch die Hospitalisierungsrate zwischen den Daten in Hamburg und beim RKI nicht überein. Das RKI nennt einen Wert von 2,38. Wenn man die 52 COVID-Patienten auf den Hamburger Intensivstationen ins Verhältnis zu den 1,9 Millionen Einwohnern setzt, kommt ein Wert von 2,75 dabei heraus. Auch die Zahlen, die zu einer der genannten 7-Tage-Inzidenz bei Geimpften (22) und Ungeimpften (605) führen, ergeben in der Summe einen anderen Wert als die insgesamt genannten Neuinfizierungen. Es kann ja sein, dass bei 17,61 Prozent der gemeldeten Fälle der Impfstatus nicht bekannt ist. Das RKI hat ja auch erst in seinem Wochenbericht vom 11.11.2021 von 19 Prozent mit unbekannten Impfstatus geschrieben. Aber dann stehen die genannten Inzidenzwerte auf ganz wackeligen Beinen. Wenn, einmal hypothetisch angenommen, alle unbekannten Neuinfektionen auf das Konto der Geimpften gehen würde, würde das deren Zahl mehr als verdreifachen.

Auch die eingangs erwähnten Inzidenzwerte für Geimpfte und Ungeimpfte werfen Fragen auf. Wir kennen nun die Bevölkerungszahlen der einzelnen Altersgruppen, wir können die Zahl der Geimpften benennen und wir wissen von hamburg.de, dass es ca. 96.000 Genesene gibt. Wenn man hier annimmt, dass die Hälfte davon sich trotzdem geimpft hat und die andere Hälfte sehr gut mit dem Status des Genesenen klar kommt, verbleiben ein Rest von 464.295 ungeimpften Bürgern. Wendet man darauf die Inzidenzwerte an, ergeben sich folgende Zahlen für die neu infizierten Menschen der letzten 7 Tage:

Ungeimpfte haben sich in 2.809 Fällen angesteckt, bei den Geimpften sind dies 306 Personen. Wenn man einen Krankenhaus auf einer Intensivstation als schwere Erkrankung definiert, ergeben sich für die Wahrscheinlichkeit einer schweren Erkrankung (WSE – siehe Tabelle oben) folgende Werte. Leider gibt es aktuell keine offiziellen Zahlen zum Impfstatus Hamburger Krankenhaus-Insassen mit COVID-19. Wenn man die im Sommer immer wieder genannte Verteilung annimmt, sind 10 Prozent geimpft. Wenn man aber für den Anteil der beiden Gruppen  die genannte Personenzahlen der Inzidenz-Verteilung von 22 zu 66 annimmt, kommt man rechnerisch darauf, dass 9,83 Prozent der COVID-Patienten auf Intensivstation (ITS) geimpft waren und die große Mehrheit von 90,17% ungeimpft. In diesem aktuell nicht mehr gültigen Extremfall liegt die Wahrscheinlichkeit einer schweren Erkrankung bei Geimpften nur leicht höher. Anfang November 2021 wurde aber vermeldet, dass im Schnitt nur noch 74 Prozent der ITS-Patienten ungeimpft waren. Um keine halben Patienten zu berechnen, gehen wir davon aus, dass es aktuell vielleicht nur noch 71 Prozent sind. Das ist sehr konservativ geschätzt, denn in vielen Krankenhäusern halten sich Geimpfte und Ungeimpfte inzwischen schon die Waage. Bei einem Anteil der Geimpften von 29 Prozent folgt daraus, dass 15 der 52 Intensivpatienten in Hamburg bereits doppelt geimpft waren. Weil diese aus der kleineren Gruppe von 306 geimpften Neuinfizierten stammen, liegt die WSE hier bei 4,96 Prozent. Die übrigen 37 Patienten auf ITS sind demnach ungeimpft, rekrutieren sich aber aus 2.809 Neuinfizierten, was dann eine WSE von 1,32 Prozent entspricht. Es ist also um den Faktor 3,75 wahrscheinlicher, dass ein Geimpfter nach einer Infektion (Impfdurchbruch) intensivmedizinisch betreut werden muss. Daraus folgt:

Das Risiko schwerer Erkrankungen ist bei Geimpften höher!

Für die Gruppe der älteren Menschen ab 60 Jahren wurde dies bereits durch eine israelische Studie nahe gelegt. Daher sollte man jetzt noch einen Blick auf die Altersverteilung der Patienten auf den Intensivstationen werfen. Leider gibt es auch hierbei für Hamburg keine Daten. Jetzt könnte man sagen, wenn die Hamburger Zahlen sowieso immer von den offiziellen Daten des RKI abweichen, dann ist es auch gleichgültig, welche Zahlen Hamburg hier nennen würde. Das kann man natürlich so sehen, aber wie muss man das Corona-Management eines Hamburger Bürgermeisters nennen, der noch dazu Arzt ist, wenn in Gesundheitsfragen ausgerechnet dieses Bundesland keine oder falsche Antworten gibt. Immerhin glänzte Hamburg im Corona-Winter 2020/21 mit den schärfsten Ausgangsbeschränkungen.

Grundsätzlich gibt es nur wenige Gründe, eine deutliche Abweichung der Altersverteilung gegenüber dem Bundesdurchschnitt anzunehmen. Demnach wird es auch in Hamburg in etwa so aussehen:

Rund 65 Prozent der Intensivpatienten sind älter als 59 Jahre. Rund 85 Prozent sind älter als 50 Jahre. Die jüngeren Altersgruppen spielen auf den Intensivstationen keine große Rolle. Erschwerend bei der Beurteilung dieser Zahlen kommt hinzu, dass für den Einzug in dieses Zahlenwerk es ausreichend ist, wenn jemand positiv getestet wurde. Eine COVID-19-Erkrankung muss nicht notwendig vorhanden sein und noch weniger notwendig ist es, dass COVID-19 die Ursache für die Behandlung auf der Intensivstation ist. Wenn ein älterer Mensch nach einem komplizierten Oberschenkelhalsbruch nach der OP einige Tage zur Beobachtung auf der Intensivstation liegt und positiv getestet wurde, gilt er als COVID-19-Patient. Das ist wie die Statistik mit den an und mit Corona verstorbenen Menschen. Es gibt eine unglaubliche große Bandbreite für die Zugehörigkeit, so dass die ITS-Quote ebenso wertlos für die Beurteilung der Corona-Pandemie ist, wie die Zahl der Todesfälle.

Bezogen auf die Zahlen der Infizierungen innerhalb der Altersgruppen, bedeutet das, dass die über 60-Jährigen bei einem Infektionsanteil von 15,79 Prozent für 65 Prozent der Intensivpatienten sorgen, bzw.  die über 50-Jährigen mit 22,19 Prozent Infektionsanteil für 85 Prozent der Patienten. Ein Fünftel der Infizierten sorgen für mehr als vier Fünftel der ITS-Patienten. In Anbetracht dieser Auswertung kann man daher schon sagen, dass die Zahl der Neuninfektionen in Form einer allgemeinen 7-Tage-Inzidenz nichts mehr aussagt. Aber auch die 7-Tage-Inzidenz einer Altersgruppe ist wenig hilfreich. Die 7-Tage-Inzidenz differenziert nach geimpft oder nicht geimpft führt dann eher zu dem Ergebnis, dass eine Impfung in Hinblick auf eine mögliche Erkrankung eher schadet. Da kann man sich fast sicher sein, dass derjenige, der diese Art der Darstellung gewählt hat, etwas ganz anderes im Sinn hatte. Es geht ja primär immer um Argumente, die noch mehr Menschen zu einer Impfung bewegen sollen. Alles was die Darstellung in eine Richtung bringt, die aktuelle Situation schlimmer erscheinen zu lassen, ist aktuell von Politik und Medien gerne gesehen.

Aber wie sieht denn zum Beispiel die aktuelle Situation in Hamburg aus? Die 52 am 20. November 2021 gemeldeten Intensivbetten mit einem COVID-19-Patienten stellen 12,04 Prozent aller Patienten auf den ITS dar. Das heißt, dass 88 Prozent der intensivmedizinisch zu behandelnden Patienten gerade um die Aufmerksamkeit des Pflegepersonals mit 52 Scheinwerferpatienten buhlen. Bestimmt kein schönes Gefühl, mit einem aktuell nicht im Fokus stehenden Leiden versorgt werden zu müssen.

Bezogen auf alle zur Verfügung stehenden Betten ist die Verteilung aber anders. In Hamburg gab es am 20. November 2021 insgesamt 502 ITS-Betten. An der Gesamtheit dieser Betten belegen COVID-19-Patienten nur 10,36 Prozent. Dagegen sind fast 14 Prozent der ITS-Betten noch frei. Hier muss angemerkt werden, dass freie ITS-Betten das Krankenhaus ebenfalls Geld kosten. Diese Zahl wird daher immer möglichst niedrig gehalten. Das kann man auch tun, denn es gibt ja noch eine erhebliche Notfallreserve. In Hamburg sind dies stattliche 301 Betten an diesem Tag. Wie sehr mit den Betten geschachert wird, zeigt die Tatsache, dass diese Zahl der Reserve täglich schwankt. Das erwartet ein Außenstehender eigentlich eher weniger, ist aber allein betriebswirtschaftlichen Abwägungen zu verdanken, es gibt ja für Krankenhäuser diverse Bonus-Modelle.

Eine Aufteilung der COVID-19-Patienten nach „geimpft“ oder „ungeimpft“ macht für die Behandlung keinen Sinn. Hamburger Intensivstationen sind in der Summe weit entfernt von irgendwelchen Überlastungszuständen. Allerdings sollte man nicht vergessen, dass auch in Hamburg sehr viele Pflegemitarbeiter verloren gegangen sind. Warum man in einer Pandemie dies zulässt und keine neuen Kräfte einstellt bzw. ausbildet, muss an anderer Stelle geklärt werden.

In den drei bisherigen Wellen hat die Zahl  der ITS-Patienten immer die Marke von 100 überschritten. Aktuell liegt Hamburg bei der Hälfte mit seinen 52 Patienten. Warum jetzt schon wieder von der Überlastung geredet wird, ist nur schwer nachzuvollziehen. Die Zahlen geben das einfach nicht her. Die Bettenkapazitäten würden eine Versechsfachung der Zahlen zulassen. Natürlich fehlt dafür das Pflegepersonal, aber zumindest muss in Deutschland niemand auf dem Flur behandelt werden. Über alles andere sollte die Politik mit dem Management der einzelnen Krankenhäuser einmal ein ernstes Wort wechseln. Am Geld hat es nicht gelegen.

 

Nun gibt es nicht nur die Intensivstationen, auch wenn diese vorzugsweise im Fokus stehen. Werfen wir noch einen Blick auf die Hospitalisierungsrate, also die Entwicklung aller Krankenhaus-Einweisungen aufgrund von COVID-19. Folgende aktuelle Kurvenlage gibt es:

Aktuell haben wir noch keine Spitze der bisherigen Wellen erreicht. Zu befürchten ist aber schon, dass zum Jahreswechsel die Zahlen noch einmal deutlich steigen werden. Im Vergleich aller Bundesländer steht Hamburg bei der Hospitalisierungsrate am unteren Ende.

Hamburg hat gerade Niedersachsen überholt, liegt aber Meilenweit von den „Corona-Sündenbock-Ländern“ Thüringen, Bayern und Sachsen entfernt. Aber was sagt die Hospitalisierungsrate eigentlich aus. Hier einmal eine Gegenüberstellung der aktuellen Zahlen:

Sowohl die 7-Tage-Inzidenz als auch die Hospitalisierungsrate beziehen sich auf das Geschehen der letzten 7 Tage und in Bezug auf 100.000 Einwohnern. Man kann als die Zahl der Neuinfektionen mit der Zahl der Personen im Krankenhaus ins Verhältnis setzen. Das gibt nur einen schwammigen Wert, weil ein Krankenhausaufenthalt oft länger dauert als viele Zustände einer positiven Infektion. Außerdem wird ein Krankenhausaufenthalt u.U. erst drei Wochen nach Feststellung der Infektion nötig werden. Eine hohe Zahl an Neuinfektionen wird sich daher erst später auf die Hospitalisierungsrate auswirken. Auf der anderen Seite gibt es auch Fälle, wo eine Infektion erst auf der Intensivstation festgestellt wird. (Nähere Informationen zur Problematik präziser Berechnungen finden Sie hier.)

Da es für beide Ereignisse keine Zahlen gibt, sowie bei Inzidenzen und Hospitalisierung auch immer wieder Fälle enthalten sind, bei denen eine Corona-Infektion gesundheitlich eine untergeordnete Rolle spielen, bleibt es bei der Gegenüberstellung beider Werte. Hier geht es auch nicht um die Darstellung der zeitlichen Corona-Entwicklung, sondern nur um den Vergleich der Bundesländer und was deren Inzidenzen aussagen. Außerdem gibt es hier keine sprunghaften Ereignisse. Die Länder mit den höchsten Inzidenzen halten ihre Spitzenpositionen über Wochen und Monate. Ähnlich verhält es sich bei den Hospitalisierungen. Auch eine präzise Aufbereitung der Daten nach Zeitpunkt der Infektion und Einlieferung ins Krankenhaus wird an der Tendenz der Aussagen der oberen Tabelle nichts ändern. Eine präzisere Aufbereitung ist aber auch nicht möglich, weil die dafür nötigen Daten nicht existieren.

In der Tabelle oben wurden jeweils die drei besten Werte (grün) und die drei Schlusslichter (rot) farblich unterlegt. Die Tabelle ist insgesamt nach der Hospitalisierungsrate sortiert.

Man erkennt, dass die höchste 7-Tage-Inzidenz genauso in Sachsen zu verzeichnen ist, wie der niedrigste Anteil an Menschen, die daraufhin in ein Krankenhaus mussten. Umgekehrt zeigt Schleswig-Holstein die beste 7-Tage-Inzidenz, liegt aber beim Anteil der daraus resultierenden Krankenhaus-Auftenthalte auf dem zweitletzten Platz.  Insgesamt gibt es ein Nord-Süd-Gefälle. Natürlich ist die Luft in Norddeutschland viel besser und die Leute dort halten von Hause aus etwas mehr Abstand zu ihren Mitmenschen, aber die nördlichen Bundesländer haben auch weniger Grenzen zum europäischen Ausland. Was also genau die Ursache für das Gefälle ist, kann anhand dieser Zahlen nicht bewertet werden.

Fazit: Hamburg hat weniger Sorgen – da kann man so viel tricksen wie man will

Beim Vergleich einiger Bundesländer und den Durchschnittszahlen des Bundes zeigt sich, das Hamburg weniger Gründe zum Klagen hat. Während im Bundesdurchschnitt innerhalb der gesamten Zeit der Pandemie 6,05 Prozent der Menschen positiv getestet wurden, waren es in Hamburg nur 5,69 Prozent. Damit liegt man weit hinter Schleswig-Holstein mit 3,16 Prozent, aber auch deutlich vor Bayern mit 7,92 Prozent. Der andere große Stadtstaat Berlin verzeichnet auch relativ hohe 6,89 Prozent.

Bei den Todesfällen liegt Hamburg mit 0,098 Prozent deutlich unter dem Bundesdurchschnitt von 0,119 Prozent, aber nur wenig unterhalb von Berlin. Auch hier ist Schleswig-Holstein mit 0,061 Prozent spitze. Traurig hoch ist dagegen die Zahl der Opfer einer verfehlten Söder-Politik. Der Anteil der Corona-Toten liegt in Bayern bei 0,13 Prozent und damit mehr als doppelt so hoch wie in Schleswig-Holstein.

Für Markus Söder liegt der Grund hierfür darin begründet, dass in Bayern ein großer Anteil der Bevölkerung etwas anders drauf ist. Das kann schon sein, denn die bayrische Landesregierung ist ja auch ganz eindeutig anders drauf. Das wird man nicht als quer, sicher aber als schräg bezeichnen können, was da aus der bayrischen Staatskanzlei an Sprüchen und Entscheidungen kommt. Geholfen hat all das nicht. Gemessen an seinen Sprüchen dürfte damit bei den aktuellen Corona-Zahlen für Söder nur ein Weg bleiben: Die eigene Inkompetenz eingestehen und vom Amt zurücktreten. Der harte Hund des Jahres 2020 hat im zweiten Jahr der Pandemie nur gezeigt, dass außer heißer Luft kein Lernprozess zu erkennen war. Das darf, nein das muss man als politisches Versagen werten. Immerhin hat sein Treiben insgesamt der CDU den Wahlsieg bei der Bundestagswahl gekostet. Der sonst so von sich überzeugte Franke darf hier gerne dieses ebenfalls als das Ergebnis seiner politischen Arbeit deklarieren. Bei der Union sind bestimmt alle unheimlich stolz auf ihn.

Die regierenden Parteien sollten sich weniger mit Zahlenspielereien und Täuschungsmanövern beschäftigen, sondern Politik machen, die der Sache dient. Milliarden Euro wurden in ein Gesundheitssystem gepumpt und die Krankenhäuser bedanken sich dafür mit Betten- und Personalabbau. Das ist der größte Skandal der Pandemie. Diese unerträgliche Steuergeld-Verschwendung ohne Gegenleistung. Ausbaden darf es die Gesellschaft. Von den eigentlichen Problemen abzulenken, indem man Geimpfte auf ungeimptfte Menschen hetzt, ist ein ganz schäbiger Akt. Der Trick mit der Inzidenz nach Impfstatus geht bei genauerer Betrachtung jedenfalls nach hinten los. Dumme Menschen werden uns aber nicht aus der Pandemie helfen. Es wird Zeit, dass Köpfe rollen und bessere Leute ans Ruder kommen.

Update: Tschentscher muss Betrug eingestehen

Mitte Dezember 2021 ist der Schwindel, den wir hier von Anfang an vermutet haben, aufgeflogen. Auf Nachfrage der FDP wurde die korrekten Zahlen nachgeliefert. Demnach waren von den 3.466 Fällen in der 45. Kalenderwoche nur 14,3 Prozent ungeimpft, statt der von der SPD kolportierten 90 Prozent. Erschreckend nach fast zwei Jahren Pandemie ist, dass von 63 Prozent der Impfstatus nicht bekannt ist. Der politisch verordnete Blindflug hat also weiterhin Bestand und ermöglich es der Politik, Zahlen nach Belieben zu manipulieren und Fakten zu verdrehen.

Allerdings greift der Vorwurf, man habe für alle unbekannten Fälle einfach angenommen, diese seien ungeimpft, nur teilweise. Denn in der Summe wären dann ja auch nur 77,5 Prozent ungeimpft. Es wurden also nicht nur Zahlen falsch verknüpft, in Hamburg wurde richtig manipuliert und gelogen. Die Erklärung des Senatssprecher Marcel Schweitzer, man hätte bei der Zahl der Geimpften noch jene abgezogen, die ihr Impfzertifikat nicht dbei hatten, wirkt nur wie eine billige Ausrede.

Kein Wunder also, dass Wolfgang Kubicki (FDP) in den Zahlen kein Versehen vermutet, sondern er wirft dem Bürgermeister eindeutig vor, mit Absicht falsche Daten veröffentlicht zu haben. „Es ist unfassbar und für das Vertrauen in die Lauterkeit staatlichen Handelns eine Katastrophe, wenn eine Landesregierung ganz offensichtlich manipulierte Zahlen vorlegt“, sagte Kubicki der Welt am Sonntag. Er verlangt eine Erklärung, „warum der Hamburger Senat es für nötig hält, seine Bürgerinnen und Bürger mit solchen Tricks zu hintergehen.“ (Quelle: Merkur.de)

Peinlich auch für die CDU

In einer Talk Show bei Lanz hatte der designierte neue Parteichef der CDU eine glanzlosen Auftritt indem er mit den falschen Zahlen eines SPD-Ministerpräsidenten hausieren gegangen ist, um mit dieser Lüge seine eigene politische Haltung zu erklären. Wie peinlich ist das denn? Das wäre einem Helmut Kohl ganz sicher nicht passiert. Zahlen des politischen Gegners für die eigene Argumentation zu klauen und diese dann noch nicht einmal zu hinterfragen. Offenbar ist Fritze Merz bei weitem nicht so intelligent, wie er sich immer gerne in der Öffentlichkeit verkauft. Von den CDU-Mitgliedern wurde er trotzdem per Briefwahl zum neuen Vorsitzenden bestimmt. Aber noch bevor er dieses Amt offiziell antreten kann, hängt dem eloquenten Sauerländer ein ziemlich schwerer Klotz am Bein. Es deutet sich daher schon jetzt an, dass er der dritte Übergangsvorsitzende in Folge sein wird. Die CDU ist wahrlich nur noch ein Trauerspiel. Rettung naht aber auch nicht aus Bayern. Dort hat das Söderlein genauso Zahlen manipuliert wie der Tschentscher in Hamburg. Die härtesten Hunde in der Pandemie sind eben oft auch die dümmsten Kläffer.

 

Links zu Studien:

Durchbruch bei BNT162b2-Impfstoff: klinische Merkmale von 152 vollständig geimpften COVID-19-Patienten im Krankenhaus in Israel
https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/34245907/
https://www.clinicalmicrobiologyandinfection.com/article/S1198-743X(21)00367-0/fulltext

Abnehmende humorale Immunantwort auf den BNT162b2-Covid-19-Impfstoff über 6 Monate (Israel)
https://www.nejm.org/doi/full/10.1056/NEJMoa2114583?query=featured_home
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC8522797/

Der mRNA-Impfstoff BNT162b2 gegen SARS-CoV-2 programmiert sowohl die adaptive als auch die angeborene Immunantwort neu
https://www.medrxiv.org/content/10.1101/2021.05.03.21256520v1.full