Die Wahl des neuen Ministerpräsidenten in Thüringen treibt Demonstranten auf die Straße und bewegt die demokratischen Parteien. Dem gewählten FDP-Mann Thomas Kemmerich bleibt nur ein Ausweg, kommentiert ZDF-Chefredakteur Peter Frey: Neuwahlen. Dahinter steckt die Idee, man müsse nur oft genug wählen, bis das Ergebnis stimmt. Natürlich erwartet man eher einen Vertreter einer Volkspartei im Amt des Ministerpräsidenten. Aber das Land Thüringen hat bereits Erfahrungen mit Politikern aus Mikroparteien gemacht. Es geht aber auch nicht darum, dass jetzt die kleinsten Parteien eine Führungsrolle bekommen. Es geht um das Wie.
Jeder gewählte Abgeordnete ist seinem Gewissen und den Menschen, die ihn gewählt haben, verpflichtet und damit nicht einer Partei. So haben wir das mal gelernt. Jeder Wähler hat auch ein Recht darauf, dass die von ihm gewählte Partei den Anspruch hat, ihre politische Ideen durchzusetzen. Das beinhaltet auch, einen Kandidaten für die Wahl ins höchste Amt zustellen. Ohne Regierungsverantwortung wird man nicht viel erreichen.
Eine Kandidatur zurückzunehmen, weil man auch Stimmen von Leuten bekommen könnte, die man nicht mag, stellt unseren demokratischen Prozess in Frage. Zunächst wird geheim gewählt, damit es hinterher eben solche Diskussionen nicht gibt. Sich von Parteifremden wählen zu lassen und nach deren Pfeife zu tanzen, sind dann bekanntlich aber auch zwei Paar Schuhe. Die Alternative zur Wahl wäre die Kapitulation gegenüber dem alten Amtsinhaber gewesen und dann hätte man wettern können, dass es völlig gleichgültig ist, ob man wählen geht, am Ende ist das Ergebnis gleich und es ändert sich eh nichts.
Natürlich setzt auch das ZDF seine Giftspritze vom Dienst wieder ein. Marietta Slomka interviewt in gewohnter Selbstüberschätzung und ständig auf der Suche nach Widersprüchen den armen Wahlsieger und treibt ihr böses Spiel, in dem sie eine verbale Falle nach der anderen aufbaut. Natürlich ist das lustig und man würde sich wünschen, sie bekäme mal die Gelegenheit Trump zu interviewen, aber hier schießt sie über das Ziel hinaus. Warum kritisiert sie einen Politiker der FDP dafür, dass er nicht vor der Wahl gesagt hat, dass er Ministerpräsident werden wollte? Hätte er das getan, wäre er für verrückt erklärt worden. Und warum ist es für Frau Slomka verwunderlich, wenn sich jemand zur Wahl stellt, dass er diese auch gewinnen möchte? Bei einer geheimen Wahl kann auch ein Bodo Ramelow Stimmen von der AfD bekommen und hat es wohl auch getan. Und dann? Müsste auch er auf das Amt verzichten? Stellen wir den politischen Betrieb komplett ein, nur weil die Möglichkeit besteht, dass man eine Stimme von der AfD bekommt? Das würden die Nazi allerdings mit großer Schadenfreude ausnutzen. Einen größeren Gefallen als diese Selbstzerfleischung einer eigentlich intakten Demokratie können wir den Rechten nicht tun. Die Medien sind also an dieser Stelle viel zu leichtfertig.
>> Link zum Interview Slomka – Kemmerich
Manchmal läuft Politik nicht auf einem direkten Weg, sondern eiert etwas herum. Ursula von der Leyen war auch noch Bundesverteidigungsministerin als der neue Präsident der Europäischen Kommission gesucht wurde. Alles zu hinterfragen und zum Skandal aufzubauschen wird das Wahlvolk nicht glücklicher und die politischen Ränder nicht kleiner machen.
Die Wahlbeteiligungen sind schon nicht sehr hoch bei uns. Politikverdrossenheit ist klar zu spüren. Da sollten jetzt alle ganz vorsichtig sein. Hier wird unser ganzes demokratisches System in Frage gestellt, sobald eine Partei auftritt, die einem nicht gefällt.
Gruselpartei AfD
Natürlich gehört die AfD verboten. Einem halbwegs intelligenten Menschen gruselt allein die Vorstellung, dass solche geistig minderbemittelten Blendgranaten einmal auch nur mitbestimmen können. Leider traut sich keiner, dieses Partei-Verbot auszusprechen, weil man Angst vor den Wählern hat. Das Problem ist doch, dass jahrzehntelange rote Bildungspolitik aus den Dichter und Denkern ein Volk der Schwachköpfe gemacht hat. Eigentlich müsste man diesen rechten Dummköpfen das Wählen verbieten. Dann würde man sich aber der Methoden bedienen, die unser Land schon einmal fast zerstört hatten.
Die von den medialen Labertaschen in diversen TV-Kommentaren geforderten Neuwahlen bringen letztlich nur Stoff für weitere Sondersendungen und würden am Wahlergebnis wenig ändern. Die Gründerväter unseres Grundgesetzes haben sich schon etwas mit diesen Regelungen gedacht und es gibt keinen Grund, jetzt alle diese Werte in Frage zu stellen. Damit war zu rechnen, dass es irgendwann wieder sehr rechte Strömungen in der Politik geben wird – wie übrigens in fast allen westlichen Ländern. Schauen wir mal, ob unsere Gesellschaft stark genug ist. Die Chancen stehen nicht schlecht, aber am Bildungssystem müssen wir arbeiten.
Fazit
Wenn man eine Partei mit einem bekennenden Nazi wie Björn Höcke als Galionsfigur zulässt, muss man damit leben, dass diese Vögel auch am politischen Prozess teilnehmen. Immerhin repräsentieren die über zehn Prozent der Bevölkerung in unserem Land. Diese nicht ganz kleine Gruppe aufgrund ihrer politischen Anschauung zu diskriminieren, ist nicht mit unserem Grundgesetz vereinbar. Wir müssen uns also damit arrangieren. Das nennt man Demokratie.
Es spricht aber auch nichts dagegen, bestehende Gesetze in Bezug auf Holocaust-Verleugnung und Nutzung von Nazi-Symbolen auch anzuwenden und diese gegebenenfalls sogar zu verschärfen. Dann hätten wir diese Probleme nicht mehr, bräuchten aber deutlich mehr Strafvollzugsanstalten. Vielleicht verwenden wir unseren Solidaritätsbeitrag einmal dafür.
Update 19:00 Uhr
Die mediale Erregung war zu groß, die FDP in Thüringen gibt klein bei und ist nun auch für Neuwahlen. Mal schauen, was diese Neuwahlen bringen. Wahrscheinlich eine Partei weniger. Außerdem wird wohl die AfD stärker daraus hervorgehen, denn hier wurde an diesem Tag das zelebriert, was der AfD den Zulauf beschert: Zerstrittene Parteien, die sich gegenseitig zerfleischen, weil sie Angst vor einer neuen Partei haben. Wenn alle gegen einen sind, schlägt man sich schnell mal auf die Seite des Underdogs. So macht man dann auch aus anfänglichen Protestwählern spätere Überzeugungstäter.
Wenn man diese Nazi-Partei nicht verbietet und zu Wahlen zulässt, sollte man sie als Partei und Teil des Systems behandeln. Man muss ja nicht mit denen kooperieren, kann sogar das glatte Gegenteil von deren Vorstellungen umsetzen, aber man kann sie nicht in dieser praktizierten Form ausgrenzen. Das widerspricht auch unserem Grundgesetz. Allerdings sollte man grundsätzlich über schärfere Gesetze gegen Rechts nachdenken, so lange man dafür noch Mehrheiten bekommt.
Den Medien ist das egal, solange sie immer schön ihre Schlagzeilen bekommen. Und so bleibt der heutige Tag als ein verlogenes Medienspektakel in der Erinnerung. Nicht viel anders ist die Hexenverfolgung des Bundespräsidenten Wulff abgelaufen. Von den ganzen Vorwürfen ist am Ende nichts übrig geblieben außer einer Beschädigung des Amtes und die Gewissheit, künftig nur noch Präsidenten zu bekommen, die vom ersten Tag an sich hinter jeder Hecke verstecken, bevor sie der Presse noch einmal die Chance geben, den Fleischwolf herauszuholen. Jedes Land bekommt eben die Politiker, die es verdient.
Alternative Humor
Die Satire-Sendung extra-3 hat sich schon vor Jahren des Themas auf großartige Weise angenommen. Viel geändert hat sich in der Sache bisher nicht.
Update Juni 2022: Verfassungsgericht rügt Merkel
Zweieinhalb Jahre nach den Vorgängen um die Ministerpräsidentenwahl stellt das Verfassungsgericht fest, dass Thüringen 2020 eine demokratische Schweinerei war. Merkel ist nicht mehr Kanzlerin, doch die Politiker, die dabei mitmachten, sind weiter aktiv – und teils in hohen Ämtern. Ein Kommentar von Dushan Wegner:
Mehr unter: https://www.dushanwegner.com/thueringen-2022/