November 29, 2024

Schluss mit Lustig!

„Der Fußball hat sein hässliches Gesicht gezeigt“, so der vielerorts gemachte Kommentar. Was am vergangenen Wochenende in Mönchengladbach mal wieder aus dem Gruselkeller ultrablöder Hardcore-Fußballfans gezogen wurde, hat am 24. Spieltag für einen handfesten Skandal gesorgt. Das Gesicht von Dietmar Hopp wurde auf einem Transparent zur Zielscheibe gemacht und der Träger des Bundesverdienstkreuzes mit „Hurensohn“ beleidigt.  Der Hass richtete sich auch gegen den DFB, der für solche Entgleisungen auch schon ganze Fanblöcke gesperrt hat. Aber wenn auf der einen Seite kranke Ultras durch weniger kranke Stehkurven-Besucher aufgrund eines obskuren Ehrenkodex nicht verraten werden, bleibt nur der Weg der Kollektiv-Bestrafung, denn dann haben sich alle strafbar gemacht.

Der Hass auf Dietmar Hopp ist so alt wie die Verweildauer der TSG Hoffenheim in der 1. Fußball Bundesliga. Im Jahre 2008 gelang dem von den Millionen-Investitionen des berühmten Mäzens Dietmar Hopp beflügelten Verein der Aufstieg in die höchste Klasse. Was ihm vorgeworfen wird ist, dass er aus einem Dorfverein ohne Tradition und eigene Fan-Kultur eine Bundesliga-Mannschaft gemacht hat. Dieser Vorwurf steht natürlich auf sehr wackeligen Beinen. Die Einwohnerzahl kann kaum ein Argument sein, denn St. Pauli, Schalke oder Uerdingen haben als Stadtteile auch nur ca. 20.000 Einwohner. Mit seinem Gründungsjahr 1899 ist die TSG Hoffenheim sogar 5 Jahre älter als der Ruhrpott-Club Schalke 04.

Dass kleine Dorfvereine durch Sponsoren in höhere Spielklassen gefördert werden, ist so alt wie der Fußball selbst. Vieles findet in einem etwas kleineren Maßstab statt, aber das Prinzip ist immer gleich. So hat zum Beispiel das etwa gleichgroße Ort Hoisdorf in den 1990er Jahren es bis in die Regionalliga Nord geschafft und im DFB-Pokal gegen den großen FC Bayern gespielt. Transparente gab es damals nicht, weil auch niemand den Geist des Fußballs in Gefahr sah.

Was hat also Dietmar Hopp gemacht, dass er jetzt zur Hass-Figur der dümmsten deutschen Fußball-Fans geworden ist? Nichts anderes als schon hunderte Sponsoren vor ihm. Er hat es nur besser gemacht als alle anderen vor ihm, weil er mit dieser Qualität auch schon SAP groß gemacht hat. Zum Glück engagiert er sich auch noch in vielen Sozialen Projekten und man kann ihm nur genauso viel Erfolg wünschen. Wir würden alle davon profitieren. (Mehr zu Dietmar Hopp und seine Verdienste unten.)

Ultras – das steht für ultra-blöd und ultra-kriminell

Wenn in einem Stadion „Bengalos“ abbrennen und die Hälfte der Zuschauer vom Spiel nichts mehr sieht, dann waren das zumeist die Ultras. Beleidigungen auf Bannern haben auch schon eine lange Tradition, aber jetzt wurde mit dem Fadenkreuz über dem Gesicht von Dietmar Hopp im Grunde einem Menschen nicht nur der Tod gewünscht, sondern zu dessen Ermordung aufgerufen.

Zu weit hergeholt? Mitnichten. Gerade erst war der Anschlag von Hanau, bei dem in einer Shisha-Bar Menschen mit Migrationshintergrund ermordet wurden. Der Täter war offensichtlich geistig gestört und hat eine Legitimation für sein Handeln sehr wahrscheinlich in der Hetze von AfD und Pegida gefunden. Wie kann man einem für sein soziales Engagement verdienten Menschen den Tod wünschen? Wie kann man zu dessen Ermordung aufrufen?

Die Tragweite ihres Handelns ist den meisten Ultras nicht ersichtlich. Intellektuell sind diese wahrscheinlich den Hanauer Attentäter näher als viele Vereinsfunktionäre wahr haben wollen. Denn eines muss jedem klar sein: Die Kriminellen, die diese Transparente ins Stadion geschleppt haben, waren zwar alle vermummt, den Vereinen sind diese aber weitestgehend bekannt. Weil die Ultras aber regelmäßig für die größte Stimmung im Stadion sorgen und als 12. Spieler die eigene Mannschaft zum Sieg brüllen können, haben sie bislang den Status einer heiligen Kuh.

Wie sagte es der „Weltmeister im Zurückrudern“ doch so treffend: Es war ein emotionales Gespräch mit den Ultras. Weil aber niemand glaubt, dass Max Eberl zusammen mit den geliebten Gladbach-Fans geheult hat, bleibt nur die Alternative des gegenseitigen Anschreiens. Der Manager der Gladbacher Borussia machte im Verlauf der gesamten sky90-Diskussion keine allzu gute Figur. In der letzten Woche hörte sich seine Reaktion auf das Hopp-Transparent noch so an, als würde er beim nächsten Mal seine Mannschaft in die Kabine schicken, was zu einer 2:0-Wertung für den Gegner führen würde. Jetzt relativierte er diese Aussage und sprach nur nach vom an der Seite des Spielfeldes stehen. Offenbar hat auch nicht jeder Fußball-Verantwortlicher den Schuss gehört. Karl-Heinz Rummenigge will jedenfalls Videoaufnahmen auswerten lassen,  um die Täter ausfindig zu machen.

So schwierig wird es nicht sein, diese dingfest zu machen, wenn man es denn will.  Jeder Verein hat einen oder mehrere Fan-Beauftragte, die einen engen Kontakt halten, zudem dürften die meisten Dauerkartenbesitzer sein. Beim Fußball-Talk kam per Telefon dann auch ein bekannter Vertreter der Ultra-Szene zu Wort. Einsicht klingt allerdings anders. Aber damit der Knabe ein Gespür dafür bekommt, was Dietmar Hopp im Stadion durchgemacht hat, wurde oben im Beitragsbild einfach mal der Kopf dieses Ultra-Vertreters eingebaut.

Bayern-Trainer Hansi Flick hat übrigens in der Pressekonferenz nach dem Spiel in Hoffenheim zumindest zugegeben, dass alle Bundesliga-Vereine im Vorfeld erfahren haben, dass die Ultra-Fangruppen, über die jeder Verein verfügt, eine solche Aktion geplant haben. Man steht schließlich im engen Dialog und die UItras sehen die hässlichen Aktionen des 24. Spieltages als Machtdemonstration. Und so gab es an diesem Wochenende auch Banner und Schmähgesänge in Dortmund, Köln und Berlin.

Bislang kommen die intellektuell minderbemittelten Rabauken damit durch, denn der DFB hat nur einen albernen 3-Stufen-Plan vorgeschlagen. Stufe 1: kurze Unterbrechung des Spiels, wenn dann das Banner oder der Schmähgesang noch einmal erfolgt Stufe 2 mit einem Kabinengang der Spieler. Ein Spielabbruch erfolgt erst, nachdem die miese Botschaft schon zweimal gezeigt wurde. Toller Vorschlag, wenn ein Bankräuber erst für den  dritten Überfall zur Rechenschaft gezogen wird.

Weil es in der Verantwortung der Heimmannschaft liegen muss, was in ein Stadion gebracht wird, können die Vereine nur durch empfindliche Strafen zu besseren Kontrollen motiviert werden. Weil Ultras nur in den anonymen Stehplatzblöcken ihr schmutziges Treiben vollführen können, lassen sich solche Transparente sehr einfach einer Mannschaft zuordnen. Hier wäre ein viel besserer 3-Stufen-Plan:

  • Beim ersten Vergehen der Fans 10 Mio. Euro Strafe für den dazugehörigen Verein.
  • Beim zweiten Vergehen der Fans 50 Mio. Euro Strafe.
  • Beim dritten Vergehen der Fans 100 Mio. Strafe.

Spätestens beim dritten Vergehen dürften die meisten Vereine pleite sein und ein Zwangsabstieg in die dritte Liga und damit das berühmte Auswärtsspiel beim SV Meppen droht.

Weil nicht damit zurechnen ist, dass Fußball-Vereine ernsthaft gegen die eigenen Fans vorgehen, sollte es bei der Kollektiv-Bestrafung und der Sperrung ganzer Fan-Blöcke bleiben. Da dürfen sich die kriminellen Ultras dem Groll der gemäßigteren Blocknachbarn stellen. Manche Dinge können sich wie von selbst lösen, wenn man die nötige Konsequenz zeigt.

Damit könnte der Fußball, des Deutschen liebstes Freizeitthema, auch wieder eine Vorbildfunktion für die gesamte Gesellschaft einnehmen, denn die Hetze in Fußballstadien ist nicht allein das hässliche Gesichts dieses Proletensports, sondern das hässliche Gesicht unserer Gesellschaft. Hassgefühle überkommen immer mehr Menschen, und immer mehr kommen auf die wahnwitzige Idee, diese auch öffentlich auszuleben. Es ist an der Zeit, dass wir als Gesellschaft diesen gestörten Menschen Einhalt gebieten.

 


Vertiefende Informationen

Dietmar Hopp – ein besonderer Mensch und Wohltäter

Dietmar Hopp ist Mitbegründer des DAX-Unternehmens SAP und wollte sich nach seinem Ausstieg aus dem aktiven Geschäftsleben für das große Glück, dass ihm mit dem Unternehmen SAP widerfahren ist und ihn zu einem der reichsten Menschen des Landes machte, erkenntlich zeigen. Insbesondere seiner Heimatregion wollte er etwas zurückgeben. Seine finanzielle Unterstützung streute er daher neben Fußball auch in Sportarten wie Handball, Eishockey und Golf.

Sein soziales Engagement erstreckt sich auf die Bereiche Medizin, Soziales und Bildung. Der Schwerpunkt der Förderaktivitäten liegt in der Metropolregion Rhein-Neckar, mit der sich der Stifter besonders verbunden fühlt. Wer so viel Gutes tut, bleibt nicht unentdeckt. Hier eine verkürzte Aufzählung seiner Auszeichnungen:

1992 Bundesverdienstkreuz am Bande
1992 Wirtschaftsmedaille des Landes Baden-Württemberg
1999 Verdienstmedaille des Landes Baden-Württemberg
2004 Bundesverdienstkreuz 1. Klasse
2005 Ehrenbürger von Walldorf
2006 Ehrenplakette des Badischen Sportbundes
2007 Ehrenbürger der Gemeinde St. Leon-Rot
2009 Laureus Medien Preis für Wohltätigkeit
2010 Initiativpreis für Verdienste um die Stadt Mannheim und die Metropolregion Rhein-Neckar
2010 Großes Verdienstkreuz des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland (Bundesverdienstkreuz)
2010 Ehrenring der Stadt Walldorf
2010 Victor SportAward (Metropolregion Rhein-Neckar)
2010 Benennung eines Asteroiden nach ihm: (210432) Dietmarhopp
2011 Ehrenpreis des Deutschen Hospiz- und Palliativverbandes (DHPV)
2014 Deutscher Stifterpreis des Bundesverbandes Deutscher Stiftungen
2015 Ehrenbürger von Sinsheim

 


Vertiefende Informationen

Kommerzialisierung im Fußball

Der erste Fußballverein in Deutschland war Wormatia Worms, die im Regionalligaspiel gegen den SV Alsenborn am 20. August 1967 der mit dem Schriftzug „CAT“ für Caterpillar auf dem Trikot Werbung aus Finanznot machten. Neben Trikots und Trainingsanzügen erhielten die Wormser 5.000 DM hierfür. Auch wenn es in den Statuten des DFB hierfür keine eindeutige Regelung gab, wurde das Thema unmittelbar darauf in der nächsten Vorstandssitzung behandelt. Die Satzung wurde geändert und Firmenreklame auf der Spielkleidung verboten.[

Im Sommer 1972 wurde Eintracht Braunschweig beim DFB vorstellig, mit dem Wunsch für Jägermeister zu werben, was man beim DFB ablehnte. Eintracht-Sponsor Günter Mast war über den erbitterten Widerstand des DFB erfreut, da der Streit mit dem Verband seinen Produkten immer wieder zu kostenloser Präsenz in den Medien verhalf. Im Januar 1973 entschied die Mitgliederversammlung von Eintracht Braunschweig mit großer Mehrheit, das Vereinswappen durch den Jägermeister-Hirsch zu ersetzen. Am 24. März 1973 im Spiel gegen Schalke 04 lief die Braunschweiger Elf erstmals in den Hirschkopf-Trikot in der Bundesliga auf und konnte so „legal“ werben. Nach einigen juristischen Auseinandersetzungen folgte im Oktober 1973 die Freigabe für Trikotsponsoring durch den DFB. (Quelle: Wikipedia)

Heute sind Fußballvereine ohne Trikotwerbung nicht mehr überlebensfähig.