April 20, 2024

Schweinerei bei Tönnies

Wer sich schon am Ende der Corona-Pandemie wähnte, hat die Rechnung ohne die Fleischwirtschaft gemacht. Beim größten Schweinezerstückeler der Branche, Firma Tönnies, wurde dann doch auch mal wieder ein Corona-Test durchgeführt und dabei festgestellt, dass mehr als 1.500 Menschen, also ein ziemlich großer Teil der Belegschaft, infiziert sind. Für den Landkreis Gütersloh eine Katastrophe, denn der wird jetzt wieder herunter gefahren. Schulen und Sporteinrichtungen wurden geschlossen, ganze Wohnblocks und Straßen unter Quarantäne gesetzt.

Natürlich sind auch alle Tönnies Mitarbeiter nebst Familien unter Quarantäne gestellt worden. Leider waren 18% der als Arbeiter geführten Personen, nicht mehr auffindbar. Dafür fand man unter den von Tönnies genannten Adressen hunderte von Menschen, die als Arbeiter gar nicht aufgeführt waren. Das Corona-Virus offenbart also, was eigentlich längst bekannt war: Bei Tönnies geht es nicht mit rechten Dingen zu und man hat dort längst die Kontrolle verloren.

Auch wenn vor Ort von einem überraschenden, explosionsartigen Ausbruch gesprochen wird, sieht das zudem sehr danach aus, dass hier in einem Unternehmen der Lebensmittelbranche viel zu lasch und oberflächlich getestet wurde. Begünstigt wurde die Ausbreitung mit Sicherheit, durch das „System Fleisch“. In Deutschland hat ja einmal eine rot-grüne Regierung den Weg geebnet für Leiharbeiter und Werkverträge. Und genau diese Werkverträge machen die Fleischverarbeitung zur Geldmaschine für deren Firmenchefs.

Die Zahl der eigenen Mitarbeiter  wurde drastisch gesenkt. Die sind ja auch viel zu teuer. Dafür wurden Verträge mit Vermittlern geschlossen, die aus Osteuropa willige Arbeitssklaven importieren. Die bekommen zwar offiziell den Mindestlohn, dürfen aber regelmäßig länger arbeiten, was nicht registriert wird. Schon dadurch senkt sich der Lohn. Dann bekommt der Vermittler von den Arbeitern eine Provision und die armen Fleischzerteiler zahlen dann noch einen Batzen Geld für die Unterbringungen in heruntergekommenen Wohnheimen.

Und bei den miesen Unterbringungen vermuten Virologen jetzt das Hauptproblem, denn oft stehen vier Betten in einem kleinen Zimmer. Da hat es ein Virus leicht. Aber auch die Bedingungen in den Fleischfabriken sind kaum besser. Abstände können und sollen nicht eingehalten werden. Atemmasken sind bei schwerer körperlicher Arbeit in einem feuchtwarmen Klima keine Option. Dafür wirbeln die Klimaanlagen Viren gleichmäßig durch die Luft, damit sich auch möglichst viele anstecken. Ein Supersystem!

 

Zu hoher Fleischkonsum

Jetzt soll alles anders werden. Das Ende der Werkverträge. Das Fleisch wird damit kaum besser, denn höhere Preise lassen sich nur schwer durchsetzen. Einzelne Politiker fordern jetzt einen Mindestpreis für Fleisch. Das wäre ja ein Ansatz, wenn das auf Tierhaltung und Fleischverarbeitung durchschlagen würde.

Sicher ist, dass der Fleischkonsum deutlich gesenkt werden muss. Die Politik schaut da bisher tatenlos zu, dabei gebe es gleich eine ganze Reihe sehr wichtiger Gründe:

  1. Zuviel Fleisch ist ungesund. Da sind sich alle Ernährungswissenschaftler einig, dass es gesünder wäre mehr Gemüse und Obst zu essen und Fleisch nicht öfter als zweimal pro Woche auf den Speiseplan zu setzen. Insbesondere rohes oder nur wenig durchgebratenes Fleisch steht zudem im Verdacht, Krebs zu begünstigen.
  2. Die Massentierhaltung erfordert die regelmäßige Zugabe von Antibiotika ins Futter, will der Tierzüchter nicht riskieren, dass sein gesamter Tierbestand in einer Saison erkrankt und damit unverkäuflich wird. Für den Menschen hat das aber zur Folge, dass viele Antibiotika inzwischen beim Menschen nicht mehr die gewünschten Erfolge bringen, was fatal für deren Genesung sein kann.
  3. Viehzucht ist für eine enorme Produktion von CO2 verantwortlich. Klimaschützer fordern schon lange, dass zur Rettung des Weltklimas die Tierhaltung deutlich reduziert werden muss.
  4. Mit der extrem hohen Tierhaltung geht ein ebenso großer Futterbedarf einher. Viele landwirtschaftliche Anbauflächen werden daher allein für die Produktion von Tierfutter eingesetzt. In Deutschland liegt der Anteil bei über 60%. Nur 20% der Anbaufläche wird in Deutschland noch für die Lebensmittelproduktion von Menschen verwendet. Es entstehen immer mehr Monokulturen, was für Artensterben sorgt. Schon jetzt ist der Rückgang der Insektenpopulation beängstigend. Ohne Bienen wird es aber zum Beispiel sehr schnell auch keine Menschen mehr geben.
  5. Die Überproduktion Fleisch sorgt aber nicht für weniger Hunger auf der Welt. Denn Fleisch wird fast ausschließlich an reiche Industriestaaten verkauft. Wer liebt es nicht, das gute argentinische Rindersteak? In weniger gut entwickelten Ländern hungert dagegen die Bevölkerung, weil auch dort wichtige Anbaufläche für die Tierproduktion verwendet werden.
  6. Für die Tiere ist die Art der Haltung eine Katastrophe. Die meisten werden einzig in Ställen bzw. Produktionshallen gehalten. Den Himmel sehen diese Tiere nicht. Mit speziellem Futter und der Zugabe bestimmter Substanzen wird das Wachstum angeregt. Man erreicht auf diese Weise eine schnellere Schlachtreife. Ob das Fleisch dann noch gesund für den Menschen ist, bleibt zu fragen. Anschließend kommt der Stress des Tiertransports hinzu. In engen LKWs werden die Tiere durch halb Europa gekarrt, denn der Schlachthof kann ja nicht zum Tier kommen. Viele Tiere verenden schon während der Fahrt, die überlebenden dürften derweil bis zum Anschlag Stresshormone produziert haben. Ob das das Fleisch besser macht?

Ältere Menschen werden sich noch an den Ausdruck „Sonntagsbraten“ erinnern. Er stammt aus einer Zeit, als die meisten Menschen sich Fleisch nicht sehr oft leisten konnten. Heute ist das gänzlich anders.

Die übelsten Verbrecher an der Menschheit waren zwei Brüder aus Essen. Theo und Karl Albrecht haben zu ihrem persönlichen Vorteil die Preise in den Keller geschossen und die Qualität der Waren gleich mit. Mit ihren Aldi-Discountmärkten haben sie eine Marktmacht aufgebaut, die Produzenten zwang, immer niedrigere Einkaufspreise zu gewähren.

Zuerst wurde der Räucherlachs, einst Speise von Fürsten und Millionären, erschwinglich gemacht, dann gab es die ersten Frischfleisch-Angebote. Das Ergebnis ist immer gleich. Lachs wird heute fast ausschließlich in Aquakulturen gezüchtet, weil es in der Natur einfach nicht mehr genug Exemplare gibt. Damit die Fisch-Ernte jedes Jahr gleich groß ausfällt, werden tonnenweise Antibiotika gleich mit verfüttert. Lachs ist für viele Ernährungswissenschaftler inzwischen das giftigste Lebensmittel der Welt.

Die Forderung nach Mindestpreisen für Fleisch zeigt damit einfach nur das Versagen der Politik. Marktteilnehmer wie die Aldi-Brüder, die Schwarz-Gruppe und alle anderen Preistreiber hätte man viel stärker kontrollieren müssen. Fast jedes Produkt in den Regalen der Supermärkte steht für einen ruinösen Preis- und Qualitätskampf bei den Erzeugern und Herstellern sowie für Millionen von Menschen, die sich ihre Gesundheit mit schlechter Nahrung ruinieren.

Die schlechte Qualität, die angesichts der niedrigen Lebensmittelpreise in Deutschland jedem klar sein muss, ist aber natürlich offiziell und in der Bevölkerung nicht das Problem. Geiz ist ja so geil und die Vorstellung, systematisch vergiftet zu werden, ohne dass eine staatliche Institution eingreift, ist auch nicht schön und wird daher reflexartig verdrängt.

Dabei wäre es so einfach, den Konsum von Schweinefleisch zu reduzieren. Was bei Rauchern mit Schockfotos hervorragend geklappt hat, sollte auch beim Schweinefleisch funktionieren. Einfach die „Schweinehack“-Fresse von Clemens Tönnies auf die Folienverpackung kleben. Ideal dafür wäre ein Bild, dass ihn bei einem Spiel seiner Mannschaft Schalke 04  zeigt. Eines kann man jetzt schon sagen: Jeder Verein hat den Aufsichtsrat, den er verdient.

 

Nie wieder Tönnies

Wenn das nach dem Corona-Skandal in Rheda-Wiedenbrück ihr Motto werden soll, hier ein paar Informationen, wie Sie Fleisch entdecken, dass von infizierten Werkvertragssklaven des Herrn Tönnies verarbeitet wurde. Laut Verbraucherzentrale NRW sind die zu Produkten mit Tönnies-Fleisch mit den folgenden Nummern gekennzeichnet: NW 20202 EG, NW 20028 EG und NW 20045 EG.

Bei Lidl sind Tönnies-Produkte unter anderem unter der Marke Landjunker zu finden. Aldi führt Tönnies-Fleisch unter anderem unter dem Namen Meine Metzgerei in den Kühlregalen. Außerdem vertreibt Tönnies unter dem Markennamen Tillman’s zahlreiche Convenience-Lebensmittel sowie Tiefkühlprodukte und frisches, verpacktes Fleisch.

Auch zahlreiche Wurstmarken enthalten Tönnies-Fleisch. Es wird in den Wurstprodukten der „Zur Mühlen Gruppe“ (laut Tönnies-Homepage Marktführer bei SB-Wurst und Wurstkonserven in Deutschland) verarbeitet, dazu gehören folgende Wurstmarken:

  • Böklunder
  • Könecke
  • Redlefsen
  • Schulte
  • Zerbster Original
  • Plumrose
  • Nölke (Gutfried)

 

Der Typ Tönnies

„Geld verdirbt den Charakter“. Wenn es je eine Personifizierung alter Weisheiten gebraucht hätte, bei Clemens Tönnies wird man fündig. Mit einem Vermögen von 1,1 bis 1,4 Mrd. Euro lebt man selber weit weg von Menschen verachtenden Arbeitsbedingungen, miesen Unterkünften und schlechter Bezahlung. Wie er aber zu diesem Reichtum gekommen ist, scheint eine spannende Geschichte zu sein. Überliefert ist, dass der Fleisch- und Wurstwaren-Großhandel in Rheda-Wiedenbrück von Bernd Tönnies gegründet wurde, der seinen jüngeren Bruder Clemens später mit einen 40 Prozent Anteil ins Boot holte. Firmengründer Bernd verstarb leider früh mit 42 Jahren aufgrund eines Nierenleidens. Auf dem Sterbebett soll er verfügt haben, dass sein Bruder Clemens die Hälfte des Unternehmens erhalten soll. Leider gibt es dafür keine Zeugen, sondern nur die Aussage von Clemens. Bernds Witwe Evelyn wusste jedenfalls davon nichts. Am Ende ist es dann aber so umgesetzt worden, schon weil die beiden Söhne noch nicht alt genug waren, ein so großes Unternehmen allein zu führen.

Diese Geschichte ist nur ein Grund, warum man Clemens Tönnies nicht zu den sympathischsten Menschen rechnen kann. Und der Mann tut viel dafür, damit es so auch bleibt. Laut Wikipedia war es 2012 zwischen Clemens Tönnies und seinem Neffen Robert Tönnies zu einer Auseinandersetzung gekommen, die vor Gericht ausgetragen wurde. Robert Tönnies forderte unter anderem, dass das Unternehmen von einem Aufsichtsrat kontrolliert wird.

Weiter zählt Wikipedia kontroverse Punkte auf, die über den Menschen Clemens Tönnies sehr viel aussagen:

    1. Laut dem Nachrichtenmagazin Spiegel war er Profiteur der CUM-EX-Betrügereien.
    2. Im Jahre 2012 wurde wegen Steuerhinterziehung gegen Tönnies ermittelt.
    3. Im Jahre 2016 verhängte das Bundeskartellamt wegen Preisabsprachen eine Geldbuße in Höhe von 128 Millionen Euro, die allerdings nie eingetrieben wurden, weil Tönnies eine Gesetzeslücke ausnutzte und die gesetzwidrigen Aktivitäten auf Tochterfirmen übertrug, die er kurz darauf liquidierte.
    4. Im Januar 2013 verschwieg Tönnies eine Unternehmensbeteiligung um eine Fusion mit dem Schlachtunternehmen Tummel zu ermöglich und zahlte dafür ein Bußgeld in Höhe von € 90.000.
    5. 2019 sorgte Tönnies mit einer umstrittenen, vielfach als rassistisch kritisierten Aussage beim Tag des Handwerks in Paderborn für einen Eklat. (siehe auch Affenschande auf Schalke)
    6. Im Juni 2020 werden über 1.500 Corona-Infizierte per Test ermittelt. Bei der Staatsanwaltschaft Bielefeld sind mittlerweile fünf Strafanzeigen eingegangen. Ermittelt werde jetzt wegen des Anfangsverdachts auf fahrlässige Körperverletzung und Verstoßes gegen das Infektionsschutzgesetz.

Die vielen mit SARS-CoV-2 infizierten Werkarbeiter bei Tönnies sind sicher nicht das letzte Kapitel, menschlicher Verfehlungen. Zumindest brennt in der Familie immer noch die Hütte. In einem Brief forderte Robert Tönnies am 17. Juni 2020 den Rücktritt seines Onkels aus der Geschäftsführung und warf der Geschäftsleitung und dem Beirat des Konzerns unverantwortliches Handeln sowie die Gefährdung des Unternehmens und der Bevölkerung vor. Da wird er wohl Recht haben.