Wie anders muss man es nennen, wenn ein NDR-Redakteur sauber recherchiert und eine Meldung unter tagesschau.de platziert, zwei Tage später aber statt der Meldung nur noch eine Weiterschaltung zu einer Meldung vorhanden ist, die das genaue Gegenteil behauptet.
Das nennt man Zensur, Vorhalten von Informationen, Manipulation von Bürgermeinungen oder kurz gesagt: Bananenrepublik. In punkto Freie Presse und demokratischen Grundstrukturen müssen wir in den Zeiten der Pandemie festhalten, dass Deutschland hier erhebliche Einbußen zu verzeichnen hat. Das macht wütend. Das macht sogar sehr wütend. Bisher kannte man den Ausdruck „Lügenpresse“ nur von Pegida, Querdenker-Veranstaltung und von den Veröffentlichungen rechter AfD-Spinner. Wenn man jetzt resigniert feststellen muss, dass in diesen Aussagen ein Fünkchen Wahrheit steckt, bleibt die Frage, ob das wirklich nötig war?
Die bekannten Grundrechtsverletzungen in der Pandemie sind das eine – schlimm genug – aber Meinungsmanipulation und Vorenthalten wichtiger Informationen? Informationen vor allem, die dem Wohl der Bevölkerung dienen könnten. Jetzt hört der Spaß auf. Aber was hat die Tagesschau-Redaktion genau gemacht? Ausgangspunkt war dieses Video bei YouTube:
Am 15. Mai 2021 verarbeite der NDR-Redakteur Bernd Reiser eine Meldung des Bundesamtes für Risikobewertung vom Tag zuvor. „Es gibt Hinweise darauf, dass ein unzureichender Vitamin D-Serumspiegel mit einem erhöhten Risiko für akute Atemwegsinfekte einhergeht. Dazu gehört auch die Covid-19-Erkrankung“. Bernd Reise ergänzt dazu: „Einige Beobachtungsstudien und Interventionsstudien weisen darauf hin, dass sich die Einnahme von Vitamin D-Präparaten positiv auf den Verlauf einer Covid-19-Erkrankung auswirken kann.“ Danach forderten irische Wissenschaftler schon Anfang April, alle Erwachsenen in Irland mit ausreichend Vitamin-D zu versorgen.
Von der Fachgruppe COVRIIN, die aus führenden Infektiologen, Intensiv- und Notfallmedizinern besteht und das Robert Koch-Institut (RKI) berät, stammt die Aussage: „Ein defizitärer Vitamin-D-Haushalt ist mit einem erhöhten Infektrisiko assoziiert. Ein höheres Risiko für schwere Verläufe könnte u.a. auch mit einem Vitamin-D-Mangel assoziiert sein.“
Deshalb empfiehlt die European Society for Clinical Nutrition und Metabolism (ESPEN) eine Vitamin-D-Gabe bei allen Patienten mit nachgewiesenem oder sehr wahrscheinlichem Vitamin-D-Mangel und erhöhtem Risiko für schwere Covid-19 Verläufe.
Offenbar passte diese Meldung nicht zu dem üblichen Panik-Konzept und die Aussage, dass nur eine Impfung wirklich einen Schutz gegen COVID-19 herbeiführe und die Pandemie nur mit einer hohen Impfquote zu beenden ist.
Wer also am 16. Mai 2021 die Meldung des NDR-Redakteur lesen wollte, wurde zu dieser Internetseite weitergeleitet. Die Originalmeldung war nicht mehr erreichbar. Zumindest für den Normalverbraucher. Wer sich im Internet ein wenig besser auskennt weiß, dass Google von vielen Seiten eine ältere Version im Cache anbietet. Auf genau diese Weise sind wir zum Originaltext gekommen. Statt dieser aktuellen Informationen vom BfR weiterhin zugänglich zu machen, lieber eine Weiterschaltung zu einer drei Monate alten Meldung einzurichten, die den genau gegensätzlichen Inhalt zeigt und diese Manipulation als „Aktuelle Nachricht“ zu verkaufen, ist kurios. Wenn dieser Vorgang dann auffällt und publik gemacht wird, ist es sogar peinlich. Hier die Ersatzmeldung vom 10. Februar 2021:
Jetzt könnte man vermuten, dass das BfR vielleicht selber diese Meldung von dem positiven Einfluss von Vitamin D auf eine COVID19-Infektion zurückgezogen hat. Leider nein. So sieht die Homepage am 18. Mai 2021 aus:
Hier der Link zur Meldung: https://www.bfr.bund.de/cm/343/vitamin-d-das-immunsystem-und-covid-19.pdf
Trotzdem sah sich die Tagesschau genötigt, eine weitere Meldung zu veröffentlichen. Da wird behauptet, was die Website des BfR nicht hergibt: Die positive Aussage des BfR zum Thema Vitamin D soll doch nicht stimmen, die vermutete Kehrtwende also falsch sein. Melden kann man ja immer viel.
Akuter Vitamin-D-Mangel im Winter begünstigt Grippe und Erkältungskrankheiten
Dass man Vitamin D im Winter einnehmen sollte ist „Old School Wissen“, gilt unter Medizinern als Binsenweisheit. Selbst völlig vertrottelte Hausärzte ohne Doktortitel, rudimentären schulmedizinischem Wissen und einer überaus positiven Haltung zu Impfungen aller Art, schlucken gerade Vitamin D bis zu Verträglichkeitsgrenze. Pharmazeuten ist das auch bekannt und haben entsprechend viele Kapseln dabei, wenn sie einmal zur Behandlung ins Krankenhaus müssen.
Wer nicht ganz verblendet ist, wird sich zumindest nicht wundern, dass mit der Umstellung auf Sommerzeit und damit mehr Sonnenstunden pro Tag die Zahl der täglichen Infektionen zurück gegangen ist. Auch wenn besonders harte Politiker-Hunde ihre Sperrstunden für die Verkleinerung der dritten Welle als ursächlich ansehen, verantwortlich ist letztlich der Vitamin-D-Spiegel. Dazu muss man wissen, dass der menschliche Körper mittels Sonnenstrahlen Vitamin D selber produzieren kann. Neben anderen Faktoren ist die Höhe des Sonnenstands entscheidend für die Vitamin-D3-Bildung. In den gemäßigten Breiten steigt die Vitamin-D-Bildung in der Haut mit der Höhe des Sonnenstands stark an (Siehe AM-Spektrum) und ist daher maßgeblich von der Jahres- und Tageszeit abhängig. Bei niedrigem Sonnenstand mit vorwiegendem UV-A-Anteil des Sonnenlichts ist der Grenzbereich zwischen einer für effektive Vitamin-D-Bildung in der Haut ausreichenden Lichtdosis und einem Sonnenbrand schmal oder gar nicht vorhanden.
Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) hat Richtwerte für die Vitamin-D-Menge angegeben, die „bei fehlender endogener Synthese“, also wenn kein Vitamin D durch Sonneneinstrahlung gebildet werden kann, abgedeckt werden sollte. Sie empfiehlt darin für Säuglinge im ersten Lebensjahr täglich 10 µg und für die anderen Kinder und Erwachsenen 20 µg (800 IE) Vitamin D3 (Mehr dazu bei Wikipedia). Zu Therapiezwecken gibt verschreibungspflichtige Kapseln mit bis 20.000 IE, die dann aber maximal einmal pro Woche eingenommen werden. Als tägliche Dosierung gelten 2.000 IE bei Erwachsenen und 1.000 IE bei Kindern als unproblematisch.
Beim Thema Vitamin D hat sich der Arzt Dr. Raimund von Helden zum Lautsprecher entwickelt. Auf seiner Website gibt es zahlreiche Videos zu entdecken. Unter anderen hat er sich über die Tagesschaumeldung vom 10. Februar ausgelassen.
Wer dem RKI eher vertraut, bekommt hier zusätzliche Informationen: https://www.rki.de/…/Vitamin_D_FAQ-Liste.html
Die Frage der Fragen im Bereich Pharma: Wer verdient?
Immer wenn es um Gesundheitsthemen geht, hängt die Pharmaindustrie mit drin und vor allem deren Gewinnmaximierungsstreben. Wer Umsätze kostet wird bekämpft. Daher wird viel in Lobbyarbeit investiert. Währet den Anfängen! Weil man an Vitamin-D-Kapsel nichts verdienen kann, darf Vitamin D zumindest nicht verhindern, dass teure Pharmaprodukte dadurch weniger verkauft werden. Also versucht man angestrengt, die Wirkung von Vitamin D herunter zu spielen und auf der anderen Seite die Selbstmedikation zu verdammen, weil eine Überdosierung schlimme Folgen haben kann. Das ist schon eine sehr durchsichtige Strategie. Helfen tun dabei die Medien, idealerweise renommierte Redaktionen.
Neben der Tagesschau genießt auch die Stiftung Warentest einen tadellosen Ruf. Vielleicht etwas voreilig, denn auch die Produkttester machen längst Politik und haben sich daher auch mit dem Thema Vitamin D beschäftigt – ganz ohne konkrete Ware oder Markenprodukt. Schon 2018 hat man angeblich den Vitamin-D-Hype entzaubert, wie es so schön bei der Deutschen Apotheker Zeitung heißt:
Interessant ist dabei nicht der Artikel selbst, sondern die zum Teil fassungslosen Kommentare, über so einen schlechten Artikel. Hier ein paar Reaktionen: „gesundheitsgefährdende Falschinformationen“, „Grob fahrlässige Darstellung“, „DGE sagt was anderes“, „Heiliger Bimbam“, „Unfassbar und fahrlässig!“ und „Kann Stiftung Warentest nicht googlen?“.
Update
Hier ein paar Fakten zum Thema Vitamin D: Die Studie des Journal of Health, die über die Website des RKI zu beziehen ist, geht davon aus, dass im Jahresdurchschnitt 61,5 % der Bevölkerung eine mangelhafte oder suboptimale Versorgung mit Vitamin D haben.
Im Winter sieht es dabei deutlich schlechter aus. In der dunklen Jahreszeit haben über 80 Prozent der Menschen eine Unterversorgung.
Quelle der beiden Grafiken: https://www.rki.de/…/Gesundheitsberichterstattung/…/JoHM_2016_02_ernaehrung4.pdf
In der Studie heißt es zum Nutzen von Vitamin D: „Vitamin D ist ein fettlösliches Vitamin, das im Körper wie ein Hormon wirkt. Eine wichtige Funktion von Vitamin D ist die Beteiligung am Knochenstoffwechsel. Hierbei fördert es unter anderem die Aufnahme von Calcium aus dem Dünndarm sowie die Härtung der Knochen. Ein schwerer und anhaltender Vitamin-D-Mangel kann unter anderem zur Erweichung von Knochen und Verformungen des Skeletts führen und damit zu Rachitis im Säuglings- und Kindesalter sowie zu Osteomalazie im Erwachsenenalter. Im höheren Alter kann ein Vitamin-D-Mangel darüber hinaus zur Entstehung von Osteoporose beitragen. In den vergangenen Jahren wurden zudem Zusammenhänge zwischen niedrigen Vitamin-D-Werten und verschiedenen chronischen Krankheiten wie Diabetes mellitus Typ 2, Herz-Kreislauf- oder Krebserkrankungen in Beobachtungsstudien gefunden“.