Am vergangenen Wochenende (10. Mai 2020) haben in zahlreichen deutschen Städten Tausende Menschen gegen die von der Regierung beschlossenen Lockdown-Maßnahmen demonstriert. Bei nur noch knapp 20.000 aktiv mit dem Coronavirus infizierten Menschen stünden die Lockdown-Maßnahmen, die die Wirtschaft lähmten und damit unzählige Menschen enorm schädigten, in keinem Verhältnis zum Nutzen. Nicht ganz zu unrecht wurde dabei auf den vielfachen Verlust von Arbeitsplätzen und persönlicher Freiheitsrechte hingewiesen.
Noch im Januar wähnte sich jeder Deutsche in einen freien Land, dessen Grundgesetz freie Entfaltung und freie Meinungsäußerung jedem zubilligte. Dazu ist es auch jedem gestattet, zu Demonstrationen aufzurufen oder daran teilzunehmen, so lange deren Inhalte rechtsstaatlich sind.
Schaut man aber auf die aktuelle Berichterstattung in den gängigen Medien, stellt man schnell fest, dass Meinungsfreiheit in Zeiten von Corona kein wichtiges Gut mehr darstellt. Statt sich mit den Positionen der Demonstranten auseinanderzusetzen, werden die Teilnehmer an den Protestveranstaltungen weitestgehend diffamiert. Die FAZ berichtet gleich in drei Artikeln über die Demos: „Covidioten sind unter uns“, „Demonstration der Unvernunft“ und „Brett vor dem Kopf gehört nicht zu den Grundrechten“. Die ZEIT titelt „Sie wollen sich anstecken dürfen“, die Süddeutsche mit „Protest in München: Ohne Masken, ohne Abstand“. Als Krönung lief dann im Morgenmagazin der ARD der Beitrag „War da was?“, der ebenfalls alle Teilnehmer solcher Demos als geistig verwirrt dargestellt hat.
Natürlich wird jede Demo, die sich kritisch mit der Regierungsarbeit auseinandersetzt, sofort vom rechten Pöbel unterwandert bzw. instrumentalisiert. Davon sollte man sich schnell distanzieren, das ist aber kein Argument, auf Demonstrationen zu verzichten.
Politik und Medien täten gut daran, solche Stimmungen und Meinungen ernst zu nehmen. Natürlich werden nach spätestens sechs Wochen extrem restriktiver Maßnahmen die ersten Protestrufe aufkommen. Das musste jedem klar sein, der halbwegs bei Verstand ist. Man kann einen normalen Menschen nur über einen begrenzten Zeitraum zu Handlungen bewegen, die eigentlich für ihn untypisch sind oder als unangenehm empfunden werden. Ein „Wir bleiben Zuhause“ konnte nie ein Motto für einen längeren Zeitraum sein.
Schwieriger wird es dann noch, wenn den Menschen keine erklärenden Informationen zugeführt werden, ganz im Gegenteil sogar die veröffentlichten Daten eher den Schluss zulassen, dass man gerade im völlig falschen Film sitzt. Bei aktuell weniger als 19.000 bekannten Infizierten ist es eine aberwitzige Idee, ein Volk von über 81 Millionen Menschen komplett wegzusperren. Vor allem, wenn nach fast acht Wochen gelebter Quarantäne nur sehr wenige Gelegenheiten hatten, sich anzustecken. Wie groß kann die Dunkelziffer sein, also die Zahl derer, die an COVID-19 erkrankt sind und es bisher nicht mitbekommen haben?
Der Umgang der Medien mit diesen ersten Protestaktionen wirft allerdings kein gutes Licht auf die tatsächliche Pressefreiheit und liefert gerade den Rechtsaußen wieder neue Argumente von einer manipulierten Presse zu schreiben, die inzwischen nur noch der Volksverdummung dient. All zu clever ist es von den genannten Medien jedenfalls nicht.
Aber es gibt Ausnahmen. So fordert die Süddeutsche Zeitung sogar zum Protest auf und im ZDF bei „Berlin direkt“ kommt das Robert-Koch-Institut“ auch nicht all zu gut weg.
Kurioser Weise fordert das RKI in einem Arbeitspapier zum Szenario einer Pandemie 2012: „Für die Akzeptanz der kommunizierten Botschaften ist es essentiell, dass die Behörden auf Augenhöhe mit der Bevölkerung kommunizieren. Die Bürger sollten als Partner und nicht als Befehlsempfänger verstanden werden.“ Leider hat sich mit diesem Planspiel in Politik und Verwaltung danach keiner mehr beschäftigt und auch beim RKI sind die eigenen Vorschläge in Vergessenheit geraten. Anders kann man die desaströse Informationspolitik nicht bezeichnen. Es darf demonstriert werden!